Macht- und Leistungsaspekte in der Kommunikation

© Petra Öllinger
(erschienen in Psychologie in Österreich, Wiener Universitätsverlag, Wien, 1999)

Zusammenfassung

Schlagworte wie Emotionale Intelligenz, Soziale Kompetenz rücken immer mehr in das Zentrum der Aufmerksamkeit, vor allem, wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit im Arbeitsleben geht. Diese Forderungen zeigen sich aber nicht nur im menschlichen Verhalten, sondern finden ihren Ausdruck auch im sprachlichen Bereich. Die möglichen Ursachen unterschiedlicher Stilmerkmale werden versucht zu eruieren sozialpsychologischen und linguistischen Bereich. Jedoch scheinen andere Komponenten wie Macht und Dominanz (Eigenschaften, die eher Männern zugeschrieben werden) eher von Erfolg gekrönt zu sein als die „typischen“ weiblichen Attribute wie Einfühlungsvermögen und Hauptaugenmerk auf Beziehung im Gespräch.

Untersuchungsergebnisse zeigen, daß weder der typisch weibliche noch der typisch männliche Stil als das Patentrezept für Erfolg definiert werden kann. Sprache entwickelt sich in einem sozialen und politischen Kontext, sodaß Gesprächsstrukturen auch als Abbild gesamtgesellschaftlicher Verhältnisse betrachtet werden. Anhand besonderer Merkmale werden Unterschiede im Sprachverhalten deutlich. Wobei oft die weibliche Sprache als defizitär betrachtet wird; Differenz-Defizit. Verschiedenheit zeigt sich besonders deutlich, wenn Faktoren, die Macht- und Dominanzverhalten determinieren, betrachtet werden. Besonders im Bereich des Arbeitsplatzes wird immer wieder auf das angebliche Unvermögen von Frauen hingewiesen, ihre Kompetenzen verbal ins rechte Licht zu rücken, Autorität auszuüben.
Kommunikation funktioniert nicht nur auf verbaler Ebene. Man kann nicht nicht kommunizieren. Die Aussage Watzlawicks verdeutlicht, daß Elemente auf nonverbaler Ebene von ebenso großer Wichtigkeit sind. Das Verhältnis zwischen rangunterschiedlichen Personen zeigt sich nicht nur in Aussagen, sondern auch in der Körperhaltung und Blickkontakt. Man kann jemanden dominieren, ohne expliziten verbalen Ausdruck. Jedoch erscheint es effizienter zu sein, nicht an einem Defizit anzusetzen und eine Anpassung der Frauen an männliche Kommunikationsweisen zu erzwingen, sondern die verbalen Stärken der Frauen zu fördern.

1. Einleitung

Sie wollen sich selbstbewußt präsentieren, sich behaupten und aus verbalen Auseinandersetzungen als GewinnerIn hervorgehen? Sie wollen Angriffe locker abwehren und zielbewußt und siegreich agieren? In diesem Seminar können Sie Methoden und Mittel trainieren, die Sie dazu befähigen, sich und Ihre Ideen ins rechte Licht zu rücken, anderen das Wort abzuschneiden, zu manipulieren, offensiv zu agieren und Ihre Strategien erfolgreich umzusetzen.
Mit diesem Text warb eine Volkshochschule in Wien im Semester 1998/1999 für einen Kurs mit dem Namen Kampf-Rhetorik. Sowohl der Titel als auch die vermittelnden Inhalte sprechen dafür, daß aggressives und kämpferisches Verhalten in der Kommunikation zum Erfolg führen. Ein Sprachstil, der in der westlichen Kultur meistens Männern zugeschrieben wird. Frauen zeichnen sich durch ein anderes Sprachverhalten aus. Jedoch impliziert diese Differenz auch die Zuschreibung eines Mankos, der weibliche Stil gilt als defizitär. Wie auch in anderen Bereichen, die sich mit Geschlechtsunterschieden beschäftigen, zum Beispiel Leistung, kommen auch im Kommunikationsbereich sogenannte Differenz- bzw. Defizithypothesen zur Anwendung. In dieser Arbeit soll zuerst ein allgemeiner Überblick über die sprachlichen Unterschiede zwischen Männern und Frauen gegeben werden. Weiters beschäftigt sich der Artikel mit den Auswirkungen in einem Bereich, in dem es oftmals besonders wichtig ist, eigene Ansichten und Meinungen durchzusetzen, Anordnungen zu erteilen, die eigene (machtvolle, autoritäre, führende) Position zu vertreten, auch um den Preis, die Zuneigung anderer zu verlieren: im Berufsleben. Dabei wirken sich sprachliche Unterschiede darauf aus, ob jemand einen Job erhält oder nicht, auf Gehaltsverhandlungen, auf eine eventuelle Beförderung, auf das Ausüben von Autorität.

Nicht nur die Psychologie, auch die Sprachwissenschaft untersucht unterschiedliches Kommunikationsverhalten. Aus Sicht der feministischen Linguistik wird zum Beispiel das dominante Verhalten von Männern in Gesprächen gegenüber Frauen als Widerspiegelung der gesellschaftlichen, sozialen und politischen Dominanz betrachtet. Sprachgebrauch ist nicht angeboren, sondern erlerntes Sozialverhalten. Erlerntes Rollenverhalten zeigt sich somit auch in der Kommunikation.

2. Ausgewählte Unterschiede im sprachlichen Verhalten zwischen Frauen und Männern, Differenz und Defizit

Immer wieder finden sich in den zahlreichen Studien zum unterschiedlichen Sprachstil typische Unterscheidungen zwischen Frauen und Männern. Während Frauen in ihren Gesprächen die Schwerpunkte bei Nähe und Gleichheit setzen, neigen Männer dazu, Statusunterschiede herzustellen bzw. aufrechtzuerhalten (Wahlmann, 1993). Frauen verwenden eine freundlichere Sprache, wobei diese Höflichkeit oft mit Unaufdringlichkeit, Unterwürfigkeit, Unsicherheit und Verharmlosung gleichgesetzt wird. Der Sprachstil von Frauen wird als kooperativ, personenbezogen und harmoniefördernd bezeichnet, hingegen neigen Männern dazu, sich selbstbezogen, sachorientiert und konfrontativ zu verhalten (Gunther & Kothoff, 1991). Die unterschiedlichen Kommunikationsstile werden jedoch nicht als gleichwertig definiert. Sprachverhalten von Frauen wird oftmals als defizitär und jenes der Männer als richtig betrachtet. Anhand einiger ausgewählter Unterscheidungsmerkmale soll dieser Defizitansatz näher erläutert werden.

  • Fragenstellen: Frauen stellen mehr Fragen, und sie benutzen auch mehr angehängte Fragepartikeln (Nicht wahr?). Das Besondere daran ist, daß sie diese Formen auch dann gewählt wird, wenn sie nicht angebracht sind (Jeßmer, 1988; Maltz & Borker, 1991; Tannen, 1996).Tannen (1996) weist darauf hin, daß die Art der Fragen unbeabsichtigt Hinweise geben kann über die Kompetenz des Fragenden, sodaß jemand, der viel wissen will, für inkompetent gehalten wird. Wahlmann (1993) geht in ihren Annahmen einen Schritt weiter. Ihrer Meinung nach verwenden Frauen die Sprechweise von statusniedrigeren Personen in Gesprächen mit Männern. Sie können nicht gleichrangig mit Männern sprechen. Auch wenn Frauen sich ihrer Aussage sicher sind, versuchen sie eine Abschwächung ihrer Argumente. Sie möchten sich mit ihrem Gegenüber gleichstellen und nicht den Eindruck erwecken, über ihm/ihr zu stehen. Auf der einen Seite laufen Frauen damit Gefahr, daß ihre Argumente ins Schwammige gleiten, auf der anderen Seite bietet dieses Agieren auch eine Rückzugsmöglichkeit. Merkmale des statusniedrigeren Sprachstils sind unter anderem die Abschwächung der Aussage durch bestimmte Modifikationen (Es könnte sein., Ich bin mir nicht sicher.), Abtönungspartikel, die dazu gebraucht werden, um sich der eigenen Meinung bei anderen zu versichern (doch, eben) und auch die dazu dienen, die Evidenz des Gesagten einzuschränken (irgendwie, vielleicht). Frauen holen sich Rückmeldungen, dabei erwecken sie den Verdacht, sich ihrer Argumentation nicht sicher zu sein. Weiters lassen sich Qualitätsunterschiede in der Fragestellung feststellen. Collmer (1997) untersuchte unterschiedliche Technikaneignungen von Frauen und Männern in Computerkursen und befragte unter anderem die KursleiterInnen. Frauen stellen dabei praxisbezogenere Fragen.
  • Indirektheit versus Direktheit: Viele Untersuchungen zeigen, daß Frauen ihre Aussagen in indirekte Formulierungen verpacken, vor allem dann, wenn es darum geht, Wünsche zu äußern. Dies zeigt sich besonders deutlich, wenn Frauen in Führungs- bzw. Autoritätspositionen den Mitarbeitern Anweisungen erteilen sollen. Dabei kann sich der indirekte Kommunikationsstil als fatal herausstellen, wie u.a.Tannen (1996) zeigt. Ein unpassender Sprachstil wird dann auch noch mit scheinbar mangelndem Selbstvertrauen kombiniert in der Beurteilung. Indirektheit wird als Sprachmerkmal untergeordneter Personen beschrieben, kann also auch durchaus in Männerkommunikation stattfinden. Jedoch wird Frauen öfter vorgeworfen, sie seien nicht deutlich genug. Klarheit scheint aber ein wesentlicher Faktor bei der Präsentation der eigenen Kompetenz vor anderen zu sein. Spricht man flüssig oder gerät man ins Stocken, vertritt man seine Meinungen und Ansichten mit Deutlichkeit oder zögert man bei Aussagen? Frauen sehen sich dabei der Gefahr ausgesetzt, daß Direktheit mit Herrschsucht verknüpft wird und ihnen der Ausschluß aus einer Gemeinschaft droht.
  • Sachlichkeit versus persönliche Erfahrungen: Weibliche Sprache wird mit Beziehungssprache gleichgesetzt, weil Frauen aufgrund ihrer Sozialisation als kooperativ, unterstützend und expressiv betrachtet werden. Männersprache hingegen wird auch als Berichtsprache definiert. Diese zeichnet sich dadurch aus, daß sie vorwiegend objektiv, analytisch, statusorientiert ist. Diese Berichtsprache wird als Mittel zur Selbstdarstellung innerhalb einer hierarchischen sozialen Ordnung genutzt. (Tannen, 1991; Wahlmann, 1993). Objektive Aussagen, wie sie männliches Sprechen charakterisieren, zeugen von Kompetenz, während das Formulieren von persönlichen Einstellungen und Erfahrungen hingegen als unsachlich empfunden wird (Oppermann & Weber, 1995). Oppermann und Weber erwähnen in ihrem Buch Frauensprache- Männersprache unter Berücksichtigung der von Cohns Sprich-per-Ich und nicht per Man-Regel, daß vor allem Männer dazu tendieren, ihre persönlichen Wertvorstellungen hinter man-Konstruktionen zu verbergen, sie halten sich in ihren Reden dann eher an allgemeine Einstellungen und werden damit unangreifbarer, sie sind gegen Angriffe gewappnet. Frauen flechten persönliche Erfahrungen in ihre Argumentationen, werden somit für unsachlich und für weniger kompetent gehalten.
  • Entschuldigungen: Es tut mir leid. Diese Behauptung bedeutet nicht immer, daß es sich um eine Entschuldigung handelt. Vielmehr soll damit die persönliche Anteilnahme zum Ausdruck gebracht werden. Frauen zeigen durch dieses sprachliche Ritual eine Form des Mitgefühls. Für Männer würde in vielen Fällen das Aussprechen einer Entschuldigung gleichbedeutend mit dem Verlust einer überlegenen Position einhergehen. Herrscht ein Ungleichgewicht hinsichtlich dieses ritualisierten Verhaltens, so geraten Frauen leicht in die Rolle der wenig selbstbewußten Person. Hingewiesen sei jedoch darauf, daß es durchaus immer wieder vorkommt, daß Frauen sich tatsächlich entschuldigen, sich als Schuldige und für alles verantwortlich fühlen, auch für Angelegenheiten, die außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs liegen. Sie bewegen sich damit auf einer Gratwanderung zwischen Verantwortung abgeben können bzw. Grenzen zu Aktionen des anderen ziehen und einer ehrlichen, aber nicht selbstzerstörerischen Anteilnahme.

3. Macht, Kompetenz, Leistung und die Auswirkung der unterschiedlichen Sprachstile

Im Berufsleben macht sich ein immer härter werdender Konkurrenzkampf breit. Um erfolgreich zu sein, ist es notwendig, Fähigkeiten und Leistungsvermögen in ein möglichst gutes Licht zu stellen. Allerdings reicht ein Vorhandensein von Kompetenzen nicht aus. Auffälligkeit und die Aufmerksamkeit anderer auf sich lenken, sind ebenso vonnöten. Dieses Vorgehen ist umso wichtiger, je höher die zu erreichende Stelle ist. Führungspositionen sind gekoppelt mit der Ausübung von Macht. Besonders dabei wird Frauen immer wieder Unfähigkeit vorgeworfen, die scheinbar auf den oben genannten Merkmalen basieren. Betrachtet man diesen Begriff aus sozialpsychologischer Sicht, wird deutlich, daß damit nicht ausschließlich die Unterdrückung anderer Menschen gemeint ist, sondern auch andere Komponenten beinhaltet sind, wofür der weibliche Sprechstil eigentlich förderlicher wäre.

3.1. Macht

In der Sozialpsychologie wird Macht definiert als Kontrolle über Verstärker und Strafreize. Eine mächtige Person kann Belohnung und Bestrafung anderen vorenthalten oder erteilen. Eine aktive Kontrolle ist wichtiger als der Erhalt dieser Reize. Damit einher geht Macht. Lakoff (1975, zitiert nach Gunther & Kothoff, 1991) betont immer wieder, daß Frauen, bedingt durch ihren Sprachstil machtlos sind und bleiben. Ihnen wird somit der Zugang zu Verstärkern verwehrt. Vor allem interessiert in der Frauenforschung wie in der Interaktion Verhältnisse von Macht und Unterordnung (re-) produziert werden.

Im weitesten Sinn kann Macht auch als Fähigkeit oder Möglichkeit betrachtet werden, auf die Einstellung eines anderen Menschen einzuwirken. Faktoren, die eine Änderung beeinflussen können sind unter anderem:

  • Positionseffekte: Die Reihenfolge, in der Aussagen dargeboten werden, bestimmen deren Erinnerung und somit auch eventuelle deren Akzeptanz. Wenn ein großer Zeitraum zwischen einem Gespräch und der Entscheidung liegt, so werden die zuerst genannten Punkte besser erinnert.
  • Die Anzahl der Freiheitsgrade von Argumenten. Je mehr Wahlfreiheit dem Empfänger bei der Auswahl von Meinungen gelassen wird, desto eher wird er einem Sender zustimmen. Ein drängelnder Gesprächspartner, der versucht, seine Argumente dem Gegenüber aufzuschwatzen, wird auf Widerstand stoßen. Der Empfänger wird wahrscheinlich im Sinne von Festingers Reaktanztheorie reagieren, auch wenn er im Grunde der Argumentation des Senders zustimmt.
  • Verkaufsgespräche sind erfolgreicher, wenn es dem Verkäufer gelingt, die Bedürfnisse der Kunden zu eruieren und dahingehend sein Angebot zu machen, ohne das Gefühl zu vermitteln, der Verkauf müsse um jeden Preis stattfinden. Um zu den notwendigen Informationen zu kommen, sind Flexibilität, Einfühlsamkeit, die Vermittlung der eigenen Kompetenz im Umgang mit den Kunden von Vorteil, besonders in Dienstleistungsbranchen, in denen Beratung gewünscht und gefordert ist. Fragen, oft fälschlich als mangelndes Wissen und Unsicherheit gekennzeichnet, sind notwendig, um sich die Rückversicherung von seiten des Kunden zu holen, daß man ihn richtig verstanden hat. Hier zeigt sich sehr gut, daß eine Mischung aus den typisch weiblichen UND männlichen Kommunikationsstilen zu einem gewünschten Resultat führt.
  • Bewertung des Senders. Eine Einstellungsänderung wird um so eher stattfinden je positiver der Sender bewertet wird. Dies geschieht, wenn dispositionelle (bestimmte Einstellungen, Vorlieben), soziodemographische (Alter, Geschlecht) oder biographische Ähnlichkeiten zwischen Sender und Empfänger herrschen. Körperliche Attraktivität, Sympathie, und Kompetenz spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle. Auch die Ähnlichkeit der Argumente spielen eine Rolle. Mitteilungsvariablen werden vom jeweiligen Empfänger systematisch verzerrt. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang die Assimilations- bzw. Kontrasthypothese von Sherif und Hovland. Deren Annahme zufolge werden dem eigenen Standpunkt entsprechende Aussagen so interpretiert, als wären sie damit identisch (Assimilation), unähnliche Meinungen jedoch werden als viel abweichender von der eigenen Einstellung erlebt (Kontrasteffekt). Der Schwerpunkt auf eine persönliche und gleichwertige Beziehung in der Kommunikation, und dem Eruieren der Einstellung des Gesprächspartners, sind gute Voraussetzungen, um Ähnlichkeiten herzustellen und entsprechen weiblichen Kommunikationsmerkmalen. Wie wirkt sich der Faktor Macht auf die Senderbewertung aus? In manchen Fällen trifft es zu, daß man einem einflußreichen Sender nur solange zustimmen wird, solange man sich dadurch bestimmte Vorteile erwarten kann bzw. man das Gefühl hat, vom Sender kontrolliert zu werden (Herkner, 1991). Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Meinungen, Einstellungen werden nur deshalb geändert bzw. Anweisungen und dgl. ausgeführt, weil man sich Vorteile erhofft oder bei Nichtbefolgung Sanktionen befürchtet. Aus einer inneren Überzeugung wird man jedoch nicht agieren. Arbeitseinstellungen auf einer solchen Basis lassen auf Dauer die Motivation schwinden.

3.2. Leistung und Kompetenz

In mehreren Studien wurde die Variable Fachwissen manipuliert, dabei hatten kompetente Personen mehr Erfolg als inkompetente (Busch Wilson, 1976; Woodside & Davenport, 1974; zitiert nach Kirchler, 1995). Man könnte weiter ausführen und mit Tannen (1996) konform argumentieren, daß jemand, der hinsichtlich des Sprachstils ähnlich ist, als kompetent eingestuft wird.

Die Ergebnisse könnten nun zu der Annahme verleiten, daß sowohl Frauen als auch Männer bei der Betonung ihres Könnens gleich erfolgreich sind. Allerdings sind die oben genannten Resultate mit Vorbedacht zu interpretieren. Bei den Studien handelte es sich um Interaktionen zwischen Verkäufern und Kunden. Schwieriger gestaltet sich die Situation für Frauen, wenn Fachwissen gegenüber einem Vorgesetzten oder unterstellten Mitarbeitern bewiesen werden muß. Ein Hervorheben der eignen Fähigkeiten ist für Frauen jedoch nach wie vor nicht akzeptabel. Häufig findet man bei Frauen die Einstellung, daß schon irgend jemand einmal die Leistung anerkennen und belohnen wird, irgend jemand wird meine nicht geäußerten Wünsche erkennen.

Die Folgen einer solchen Einstellung sind bekannt: Frauen werden bei Beförderungen übergangen, weil sie sich nicht aktiv darum bemüht haben, daß ihr Einsatz belohnt wird. Aus den selben Gründen bleiben Gehaltserhöhungen aus. Die Liste ist beliebig fortsetzbar. Tannen (1996) schildert die Situation von Frauen, die große Leistungen in Unternehmen erbrachten, aber das Gefühl dabei hatten, daß man sie oben nicht wahrnahm. Unterschiedlicher Sprachstil bedingt neben anderen Faktoren auch Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen. Es fällt auf, daß weibliche Bewerberinnen diverse Ausbildungen etc. oft nicht im Lebenslauf erwähnen, diese unter den Tisch fallen lassen. Befragt man sie genauer, hört man immer wieder Argumente wie: Ach, den Sekretärinnenkurs habe ich auch gemacht. Aber das ist schon so lange her. Ich dachte das sei nicht wichtig. Kaum eine Frau kommt auf die Idee, die Tätigkeiten, die sie innerhalb der Familie leistet, als Familienmanagement zu bezeichnen, obwohl die Komplexheit dieser Aufgaben durchaus an die einer Firmenorganisation heranreichen.

Nicht immer ist die Qualität des Gesagten ausschlaggebend, vielfach kommt die Quantität des Redebeitrages zum Tragen. Wer viel redet, gilt als kompetent. Kommt es dabei auf den Inhalt an oder nur die Menge, die von einer Person gesprochen wird? Untersuchungen in der Sozialpsychologie zu dieser Fragestellung bieten interessante Antworten. Dabei wurde festgestellt, daß Personen, die zwar wenig sprachen, deren Beiträge aber schnell und effizient zum Ziel führten, schlechter bezüglich Führungseigenschaften eingeschätzt wurden, als Leute, deren Anteil an den Diskussionen relativ hoch war, aber die Qualität nicht besonders hervorstechend. Die besten Beurteilungen erhielten Personen, deren qualitativer und quantitativer Anteil hoch war, unwesentlich schlechter wurden aber auch jene mit hoher Quantität und geringer Qualität beurteilt (Regula & Julian; Sorrentino & Boutillier, 1975, zitiert nach Herkner, 1991). Erklärungsansätze bieten die von Sorrentino und Boutillier formulierte Motivationshypothese bzw. die Auffälligkeitshypothese nach Slas und Diskell.

4. Autorität und Dominanz im Gespräch

Oft werden autoritäres und dominantes Verhalten im Gespräch auf makrogesellschaftliche Strukturen zurückgeführt. Männliches Dominanzverhalten beim Sprechen spiegelt die gesellschaftliche Situation wider. Unterbrechungen und Themenkontrolle werde als Faktoren der Machtausübung im Gespräch charakterisiert. Autorität wird nach wie vor mit Männlichkeit gleichgesetzt, sodaß Frauen besonders in Führungspositionen sich männliche Verhaltensweisen aneignen (müssen), um bestehen zu können. Lakoff (1975, zitiert nach Maltzer & Bork, 1991), sieht die Geschlechterrollen als entscheidend für eine psychologische Erklärung an. Im wesentlichen vertritt sie die Ansicht, daß Frauen, denen man damenhaftes Verhalten antrainiert hat, tatsächlich genauso unsicher und unselbständig werden, wie sie wirken sollen. Sie müssen zwei inkompatible Rollen miteinander verknüpfen: die eines Erwachsenen und einer Frau. Männer unterbrechen Frauen öfter in Gesprächen. Das Abschneiden des Wortes wird häufig als Dominanzverhalten der Männer gegenüber Frauen erlebt. Wichtig ist jedoch, folgendes hervorzuheben. Unterbrechungen, die zum Beispiel in Form von Fragestellungen erfolgen, können auch ein besonders großes Interesse am Gesprächspartner zeigen, kann als Stilmerkmal wertfrei gekennzeichnet werden. Dominanzverhalten zeigt sich dann, wenn Frauen in gleichberechtigten Gruppen und bei denselben Verhaltensweisen unterbrochen werden. Frauen verfügen in gemischtgeschlechtlichen Gruppen über weniger Redezeit und müssen sich diese auch öfter erkämpfen als Männer.

4.1. Frauen und der Umgang mit der eigenen Autorität im Gespräch

Tannen zeigt in dem Buch Job Talk sehr deutlich auf, wie verfänglich der Umgang mit Autorität im sprachlichen Bereich für eine Frau ist. Auch wenn ihr hoher Status klar determiniert ist, scheint es in vielen Fällen üblich, daß sie ihre Standpunkte immer wieder neu vertreten und klarstellen muß.

In Aufforderungen, daß darin eine besondere Herausforderung für Frauen liegt, weil ihr Gesprächsstil im Widerspruch zur Ausübung von Autorität steht, verfestigt jedoch das Bild eines defizitären Verhaltens. Das Einholen von Meinungen und Ratschlägen bei anderen wird nicht als Möglichkeit betrachtet, Mitarbeiter und deren Erfahrungen und Einstellungen in Entscheidungsprozesse miteinzubeziehen. Dieses Vorgehen hinterläßt vielmehr, auch bei den untergebenen Mitarbeitern, den Eindruck von Schwäche und Unbeholfenheit, denn kurzangebundene Befehle gehören weitestgehend noch immer zum Image einer Führungsperson. Weiters zeigt sich in der Kommunikation, wie eine Frau in ein Dilemma gerät, wenn sie sich dem gängigen (zumeist männlich geprägten) Bild der Autoritätsausübung anpaßt. Wenn sie selbstsicher auftritt und kompromißlos ihre Ansichten vertritt, wenn sie in Auseinandersetzungen aggressiv reagiert, dann gilt sie als unweiblich und macht sich unbeliebt, zumeist bei beiden Geschlechtern. Betrachtet man die Ausführungen zum interaktionistischen Führungsstil im Bereich der Sozialpsychologie, so wird die Widersprüchlichkeit zwischen dem den Frauen zugeschriebenen Unvermögen und den effizienten Faktoren dieses Stils offensichtlich.

Nachdem man vom personenzentrierten Ansatz (Frage nach der Führerpersönlichkeit) abgekommen ist, liegt das Hauptaugenmerk auf der Interaktion zwischen Führer und Geführten. Nicht mehr die Eigenschaften der Autoritätsperson sind alleine ausschlaggebend, sondern die Qualität des Agierens und Reagierens. Von einer führenden Person wird erwartet, daß sie in das Interaktiongeschehen auf positive Art eingreift (Herkner, 1991). Der Anteil dieser Person an Gesprächen sollte angeblich möglichst hoch sein. In Verbindung mit den oben genannten Untersuchungen zur Quantität des Redebeitrages, stellt sich die Frage, ob es immer zielführend ist, wenn die Beiträge der leitenden Person überwiegen. Auf positive Art in das Gespräch einzugreifen bedeutet, die Stimmung in einer Disskusionsgruppe zu erkennen, in adäquater Weise zu argumentieren und nicht immer das Wort an sich reißen. Gespräche, deren Ziel die Lösung eines Problems darstellen, sollen nicht als Arenen für Wettkämpfe gelten. Schulz von Thun (1999) spricht auch von sogenannten Oberhandtechniken im beruflichen Bereich, die dazu dienen, unliebsame Konkurrenz auszuschalten. Dazu zählt er Unterbrechungen, aber auch das Ignorieren und Übergehen von Gesprächspartnern. Wichtig erscheint es dabei zu unterscheiden, ob Personen sich in gemischtgeschlechtlichen oder gleichgeschlechtlichen Gruppen befinden. Aries führte diesbezüglich Untersuchungen durch und fand dabei sozialisationsbedingte und gesellschaftliche Ursachen für unterschiedliches Dominanzverhalten von Frauen und Männern (vgl. Kothoff und Gunther, 1991).

5. Nonverbale Kommunikation als Ausdruck von Dominanz

Auf nonverbaler Ebene sind Rangunterschiede ebenfalls zu erkennen. Trotzdem werden Verhaltensweisen wir Blickkontakte, Berührungen etc. trivialisiert bzw. unterschätzt, wenn es um die Aufrechterhaltung von Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern geht (Henley, 1984). Als wichtige Variable in der nonverbalen Kommunikation stellt sich der Blickkontakt heraus. Die Unterscheidung zwischen Anschauen während man spricht und während man zuhört ist dabei bedeutend. Einer Person wird mehr Dominanz und Macht zugeschrieben je größer ihr Anteil des Anschauens beim Reden ist als beim Zuhören. Frauen bemühen sich eher darum, den Blickkontakt mit dem Gesprächspartner aufrecht zu halten, auch wenn sie zuhören.

Anstarren wird als Geste der Dominanz verstanden, den Blick abwenden, gilt als Unterwerfungsgeste. Henley (1984) stellt in ihrem Artikel einige Verhaltensweisen gegenüber, die typisch für Dominanz (männliche)- und Unterwerfungsgesten (weibliche) sind. Dominanz über eine andere Person kann durch Berührungen, Unterbrechungen, Ausbreitung im Raum auf Kosten anderer, dem Aussenden strenger Blicke zum Ausdruck gebracht werden. Demgegenüber reagiert die dominierte Person mit sich-berühren-Lassen, der Abgabe des eigenen Wortes, dem Zurücktreten und dem Anlächeln.

Nichtverbale Verhaltensweisen können eine doppelte Funktion haben (Henley, 1984), woraus sich die fatale Situation ergibt, daß die Betroffenen nicht wissen, ob es sich um das Ausüben von Macht oder eine Form von Intimität handelt. Diese doppelte Natur macht es möglich, eine Machtgeste nachträglich als eine freundschaftliche zu definieren und dadurch den Protest für die Empfängerin sehr zu erschweren. (S. 43).

6. Diskussion

Betrachtet man die Ergebnisse der sozialpsychologischen Untersuchungen, läßt sich nicht exakt vorhersagen, ob der weibliche oder der männliche Gesprächsstil geeigneter erscheint, positive zu interagieren, Autorität zu zeigen etc. Vielmehr scheint eine Mischung aus beiden zum Erfolg zu führen. Nach wie vor wird der weibliche Stil als defizitär beurteilt. Die Forderung, Frauen sollten sich eben ihrer Leistungen bewußter werden und diese auch klar und deutlich zum Ausdruck bringen, erscheint mir etwas zu kurz gegriffen. Sprachdifferenzen spiegeln sozialpolitische Differenzen wider, sodaß es für die einzelne Person schwierig ist, makrogesellschaftliche Strukturen zu durchbrechen. Maßnahmen zielen darauf ab, wie schon eingangs erwähnt, daß der Sprachstil von Frauen nach wie vor als nicht gleichwertig mit denen von Männern betrachtet wird. Motto: nur wenn die Frauen lernen, so zu reden wie Männer, dann sind sie erfolgreich. Kundenberatungen und Betreuungen sind von Erfolg gekrönt, wenn der Gesprächspartner auf Kunden eingehen können. Motivation im Betrieb kann erhöht werden, wenn Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden. Ein Einholen von Informationen und das Feststellen der Bedürfnisse sind höchst wichtig, um zufriedene Kunden und Mitarbeiter zu gewinnen. Dabei ist es wichtig, die Fähigkeiten zu verknüpfen, sowohl eine persönliche Beziehung zum Kommunikationspartner aufzubauen als auch die eigene Kompetenz zu vermitteln.

In den oberen Führungsetagen von Firmen ist nicht mehr nur inhaltliches Wissen ausschlaggebend. Bedeutender sind informelles Wissen, Motivationsfähigkeit und andere soziale Fertigkeiten; Aspekte die vor allem Frauen zugeschrieben werden. Viele Programme für Frauen, die den Weg ins Berufsleben (wieder-) finden müssen, setzen zum Beispiel bei Bewerbungstrainings an, in denen nicht vermittelt wird, daß die Teilnehmerinnen an einem Defizit leiden ob ihrer Kommunikationsmerkmale, sondern auf deren Stärken aufbauen.

Literaturverzeichnis

Aries, E. (1984). Zwischenmenschliches Verhalten in eingeschlechtlichen und gemischtgeschlechtlichen Gruppen. In S. Trömel-Plötz (Hrsg.), Gewalt durch Sprache. Die Vergewaltigung von Frauen in Gesprächen (S. 39-47). Frankfurt: Fischer.

Collmer, S. (1997). Frauen und Männer am Computer. Wiesbaden: Deutsche Universitätsverlag.

Gunther, S., Kothoff, H. (1991). Von fremden Stimmen. Weibliches und männliches Sprechen im Kulturvergleich. In S. Gunther, H. Kothoff (Hrsg.), Von fremden Stimmen. Weibliches und männliches Sprechen im Kulturvergleich (S. 7-51). Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Henley, N. (1984). Nichtverbale Kommunikation und die soziale Kontrolle über Frauen. In S. Trömel-Plötz (Hrsg.), Gewalt durch Sprache. Die Vergewaltigung von Frauen in Gesprächen (S. 39-47). Frankfurt: Fischer.

Herkner, W. (1991, 5., korrigierte und erweiterte Auflage). Lehrbuch Sozialpsychologie. Bern: Huber

Jeßmer, U. (1988). Die Ontogenese von geschlechtsbedingten Sprachmerkmalen. Unveröffentlichte Dissertation, Universität Graz.

Kirchler, E. (1. Auflage, 1995). Lehrbuch der Wirtschaftspsychologie. Göttingen: Hogrefe.

Maltz, D.N., Borker, R.A. (1991). Mißverständnisse zwischen Männern und Frauen-kulturell betrachtet. In S. Gunther, H. Kothoff (Hrsg.), Von fremden Stimmen. Weibliches und männliches Sprechen im Kulturvergleich (S. 52-73). Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Oppermann, K., Weber, E. (1995). Frauensprache – Männersprache. Die verschiedenen Kommunikationsstile von Männern und Frauen. Zürich: Orell Füssli.

Schulz von Thun, F. (1999). Miteinander reden. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Differentielle Psychologie der Kommunikation. Band 2. Hamburg: Rowohlt-Verlag.

Tannen, D. (1994). Job-Talk. Wie Frauen und Männer am Arbeitsplatz miteinander reden. Hamburg: Kabel.

Tannen, D. (1996). Sprache am Arbeitsplatz – die Quelle vieler Mißverständnisse. Harvard Business Manager, 1, S. 27-36.

Wahlmann, U. (1993). Kommunikationsverhalten von Frauen und Männern in gemischtgeschlechtlichen Gesprächsrunden. In Hufeisen, B. (Hrsg.), Das Weib soll schweigen. Beiträge zur linguistischen Frauenforschung (S.173-270). Frankfurt am Main; Wien [u.a.]: Lang.