Artikel über Ernährung

Hier finden Sie eine kleine Auswahl meiner Artikel zum Thema Ernährung.

Diättipps für den Meerschweinchenstall

Wundermittel am Schlankheitsmarkt – Was wirklich hilft

Adipositas – Verhaltenstherapeutischer und frauenspezifischer Behandlungsansatz

Diättipps für den Meerschweinchenstall – Schlank im Schuh für ein erfolgreiches Leben

Was tun, wenn einer wieder einmal Schlankheitstipps um die Ohren fliegen, die
„5 Kilo weniger in 5 Tagen“ versprechen? Von Petra Öllinger

Erschienen auf Wolfsmutter, 18. Oktober 2007

Ich habe es schon wieder getan. Ja, ich bekenne: Ich habe in der Zeitschriftenabteilung im Erdgeschoß einer Buchhandlung in den neuesten Frauen-Illustrieren geblättert. Ich wollte wissen, ob die diesjährigen Herbstdiäten von jenen des Vorjahrs zu unterscheiden sind. – Wie auch die Jahre zuvor, differieren sie nur marginal voneinander. Die Angebote von glücklich lächelnden Frauen auf den Fotos „Sei schlank und dünn, dann bist du auch so froh wie ich!“ oder „Speck ab und der Erfolg holt dich ein“ sind trotz vermeintlicher Trendigkeit ein „alter Hut“. Und trotzdem, mindestens zweimal jährlich (im Frühjahr und im Herbst) überkommt mich der Rappel, mich durch Gesundheits-Schöhnheits-Glamour-Hefte zu wühlen. Schließlich muß ich wissen, zu welchen Kraftakten Frauen fähig sein sollen, um einem (nicht selten computerretuschierten) Körper-Idealbild zu entsprechen. Nach den Zeitschriften sind die Bücher dran. Ich gehe einen Stock höher. Die Regale bergen eine Flut an Diät-Ratgebern. Ob Hardcover oder Paperback, alle sind sie prall gefüllt mit Tipps zu einem schlankeren und in Folge automatisch erfolgreicheren Leben. Da warten dann ebenfalls der Traumjob, der Traumprinz, die Traumkinder, das Traumhaus auf die schlanke/dünne Traumfrau …

Im Zuge meiner Arbeiten zum Thema Wundermittel auf dem Schlankheitsmarkt stieß ich auf den interessanten Umstand, daß Frauenmagazine ihren Umsatz erhöhen, wenn sie auf der Titelseite eine Schnelldiät ankündigen beziehungsweise kleine Diät Heftchen am Cover anbringen. „In den besten Fällen, wie zum Beispiel zu Jahresbeginn, erreicht dieser bis zu 20 Prozent“, berichtete die Marketingleiterin von „Für Sie“ in einem Profil-Interview im Jänner 2003.

Damen in Rosa
„Sie haben ein ‚gewichtiges’ Problem?“ Ein Pülverchen, eine Pille, ein Pflanzen-Elexier einnehmen und Simsalabim der Wunsch nach einer schlanken und ranken und normentsprechenden Figur erfüllt sich quasi von Zauberinnen-Hand. Wäre diese Wunscherfüllung so einfach, würden sich alle Gewichts-Probleme in Luft auflösen – und mein Betätigungsfeld als Ernährungstrainerin ebenfalls … Aufgelöst hätte ich mich selbst auch bald, wäre es nach der Beraterin eines bekannten Figur-Form-Studios gegangen. Im Zuge von Recherchearbeiten für einen Artikel zum Thema „Eßstörungen“ suchte ich das Institut auf. Meine Oberschenkel, meine Oberarme und mein Bauchumfang wurden vermessen. Der Vergleich mit einer Kostümanprobe hinkte nicht: „Da nehmen wir etwas weg.“ „Und bei den Knien läßt sich wohl auch etwas machen.“ Dem strengen Blick der Dame in Rosa entging nicht das kleinste „Fettwülstchen“. Mit diversen Sauerstoffbehandlungen und gymnastischen Übungen, spezielle Ernährungsempfehlungen gab es nicht, würde man meinen Problemkörper schon hinbekommen. Eventuell könnte ich auch vor der drohenden Orangehaut bewahrt werden.

Ich bin 1,52 groß und wog bei der Taxierung 44 Kilo. In mir stieg die Wut hoch („Meine Orangenhaut gehört mir!“). Sie (die Wut, nicht die Orangenhaut) half mir, dem Drängen der Dame in Rosa zu widerstehen, den Vertrag an Ort und Stelle zu unterschreiben. Ich mochte nicht daran denken, wie eine Frau sich fühlt, die unter Gewichtsreduktions-Druck (egal ob tatsächlich oder vermeintlich) steht …

Futtern wie bei Muttern
Die wie die sprichwörtlichen Schwammerln aus dem Boden schießenden Kochshows im Fernsehen, die Hochglanz-Koch-Bücher (mal ehrlich, ähnelt das Selbst-Gebrutzelte eigentlich jemals diesen Bildern?) können über eines nicht hinwegtäuschen: Kochen ist vielen Frauen (und auch Männern) schwer schmackhaft zu machen, vor allem dann, wenn es dabei um Regelmäßigkeit und „nur-für-sich-selbst-„Kochen“ geht. Es genügt nicht, als Ernährungstrainerin mit einem Packen an Rezepten zu winken. Vielmehr geht es darum, im Beratungsgespräch gemeinsam mit der Klientin einen Alltags-Schlachtplan zu entwerfen und die Stolpersteine auf dem Weg zum individuellen Wohlfühlgewicht zu finden und gemeinsam beiseite zu schaffen. Bei diesen „Aufräumarbeiten“ tauchen hin und wieder Erinnerungen an die in der Küche werkenden Mutter oder Großmutter auf. Ein Bild, das mit diesen Erinnerungen oft assoziiert wird, ist jenes einer sich für die Familie aufopfernden und abrackernden Frau. „So wie meine Mutter will ich sicher nicht werden.“

Diät als Ausnahmezustand
„Sobald ich wieder normal gegessen habe, habe ich zugenommen.“ Was heißt normal essen? Die Antwort ist klar: Wenn eine Frau zwecks Gewichtsreduktion eine Diät hält, ißt sie eben nicht normal. Und genauso schauen viele Diäten aus. Hundert Gramm Hühnerbrüstchen, zwanzig Gramm Kartöffelchen, in einer fingerhutgroßen Wassermenge gedünstet. Macht schlank – ist aufwändig. Da stellt sich die Frage, wie dieser Aufwand zum Beispiel für Frauen zu betreiben ist, die für ihre Familie auch noch kochen müssen – und ihrem Job nachgehen und der Hausarbeit. Ein bewußter Umgang mit dem Essen, ein liebevoller Umgang mit dem Körper wird mit „5-Kilo-in 5-Tagen-weniger-Diäten“ sicher nicht vermittelt. Für kurze Zeit wird auf vieles verzichtet. Wohlschmeckendes, lustvolles Essen ist meist tabu. Keine Gnade den kleinen Sünden. Freudlosigkeit während und Frust nach dem Abspecken. Sobald die Zeit des Darbens vorbei ist, beginnen die ersten Abschweifungen vom strikten Essensplan. Was nicht verwundert, wer hält auf Dauer schon ein 1 000 Kalorien-Hungern durch oder ausschließliche Ernährung von Eiern, Kartoffeln oder Steaks. Willkommen im alten Fahrwasser der vermeintlich überschüssigen Kilos – und derer noch mehr!

Willkommen auf dem Kuriositäten-Markt
Aber noch braucht frau nicht alle Hoffnung fahren zu lassen. Jene, die in der Crash-Diäten-Flut fast ertrunken sind, können sich auf dem Pillen-Pulver-Kuriositäten-Markt umtun. Hier tummeln sich unter anderem neben heilsversprechenden Light-Produkten, Entwässerungsmitteln, Fettkiller-Pillen und Slim-Drinks auch schlankmachende Einlegesohlen, Sitzungen im Sauerstoffzelt, Weltraumtechniken, spezielle Wickel-Folien, geheimnisvolle Pflanzenelixiere, Koffein und (scheinbar harmlose) Fettabsaugungen.

Der gemeinsame Nenner dieser Angebote: Abnehmen ist ganz einfach! Wozu Ess- und Lebensgewohnheiten umstellen? Das Perfide an diesen Botschaften: Welche es trotzdem nicht schafft, ist eine Versagerin. Nicht wenig Betroffene haben bereits Diät-Odysseen hinter sich; anfängliche Erfolge schlagen in Frustration um, weil sich auf der Waage nichts mehr tut.

Viele Produkte werden trickreich beworben. Hier ist von Wissenschaftlichkeit die Rede. Da werden namhafte „ExpertInnen“ genannt, deren Existenz bezweifelt werden darf. Es gibt Geld-zurück-Garantien, die bei Misserfolg allerdings unmöglich einzulösen sind, denn Postfach und Konten der Unternehmen sind rasch wieder aufgelöst. „Betroffene“ kommen zu Wort und frohlocken, 14 Kilo in 14 Tagen abgenommen zu haben. Belegt werden diese Wunder durch „Vorher-Nachher-Bilder“, von denen die meisten am Computer bearbeitet wurden. Begriffe werden falsch eingesetzt. Da ist dann zum Beispiel von Fettabbau die Rede und gemeint ist Fettverdauung. Die genaue Nennung und Mengenangabe der Inhaltsstoffe in den Wundermittelen sucht frau meist vergebens. Einen Beruhigungseffekt haben Begriffe wie „natürlich“ oder „naturbelassen“, nach dem Motto: Was aus der Natur kommt, kann nicht schädlich sein.

Eine kleine Auswahl an (teilweise skurrilen) Diättipps stellen die folgenden drei Beispiele dar:
Schlank im Schuh
Eine Schuheinlage mit kleinen Noppen, die eine Art Fußreflexzonenmassage bewirkt und dabei vor allem auf die Verdauungsorgane aktiviert. Damit diese Sohle auch wirken kann, ist eine tägliche Bewegungsdauer zwischen ein und zwei Stunden notwendig (in älteren Werbeeinschaltungen wurden drei und vier Stunden empfohlen …) – eine Gewichtsreduktion, die auch ohne der Einlagen möglich ist.

Ein Obstsalat zum Abnehmen – die wundersame Papaya, Mango und Ananas
Fettabbau mit tropischen Früchten klingt sehr verlockend. Die bauen zwar schon etwas ab, jedoch nicht das Körperfett. Die Früchte enthalten Enzyme, wie Bromalein oder Papain, die der Eiweißspaltung im Magen und so einer besseren Protein-Futterverwertung dienen. Beim Körperfett tut sich nichts.

Ein Klassiker – schlank durch light
Die Bezeichnung „light“ bei Lebensmittel gaukelt vor, daß das Gewicht im Handumdrehen reduziert wird. Für den Begriff light gibt es nach wie vor europaweit keine einheitlichen Definitionsrichtlinien. Light kann heißen, daß weniger Zucker, weniger Fett, weniger Alkohol in einem Produkt enthalten ist. Es kann aber einfach nur bedeuten, daß ein Nahrungsmittel als besonders bekömmlich angepriesen wird. Light erleichtert meist nur die Geldbörse, häufig sind light-Produkte nämlich teurer als herkömmliche Nahrungsmittel.

Im „günstigsten“ Fall entstehen finanzielle Einbußen (viel Geld für null Effekt). Nicht selten jedoch können gesundheitliche Probleme auftreten, wenn zum Beispiel die unkontrollierte Einnahme von Entwässerungsmittel den körpereigenen Mineralstoff-Haushalt aus dem Gleichgewicht bringt. Der mögliche Kaliummangel kann zu Wasserhaushaltsstörungen und Ödemen führen. Abführmittel eignen sich ebenfalls nicht, um das „Anlegen“ überschüssiger Kalorien zu vermeiden. Sie wirken da, wo die Nahrungsverwertung schon längst abgeschlossen ist – im Enddarm. Bei Dauereinnahme kann der Darm geschädigt werden, auch mit „natürlichen“ Abführmitteln.

Nicht kurios, sondern gefährlich sind Appetitzügler. Diese weisen Substanzen auf, die im Zentralnervensystem wirken und ein hohes Suchtpotenzial und andere Risikofaktoren wie zum Beispiel Lungenhochdruck bergen.

Die Ernährungsampel informiert
Dabei handelt es sich um ein von der ArbeiterInnenkammer Wien (AK-Wien) neu entwickeltes Kennzeichnungssystem von Nährstoffen in Lebensmittel. Welche hat sich im Supermarkt nicht schon durch kleingedruckte und nicht immer zu durchschauende Angaben von Inhaltsstoffen und Nährwertangaben auf Packungen und Etiketten gequält. Die Farben der Ernährungsampel sollen helfen, die Mengen von Zucker, Salz, Fett und gesättigten Fetten auf einen Blick zu erkennen.

Petra Lehner von der AK Wien erklärt die Idee der Ampel in einem Artikel in der Zeitschrift „AK-Für Sie“, Oktober 2007: „Dass ein Ketchup ‚light’ ist, kann man aus zwei Metern Entfernung lesen. Dass aber immer noch genug Zucker und ordentlich Salz drinnen ist, das erfährt man nicht. Und selbst, wenn es in der Tabelle im Kleingedruckten steht, wissen viele trotzdem nicht, ob 15 Gramm Zucker viel oder wenig sind. Die Ernährungsampel kann hier helfen.“ So sollen sich die Angaben auf die Menge beziehen, die die KonsumentInnen im Normalfall essen, also auf einen Becher oder eine Portion.
Ernährungsampel

Sich von Ernährungsdogmen nicht einkochen lassen
Rohkost. Nur gekochte Nahrung. Kein Fleisch. Steaks bis zum Abwinken. Alles in Butter. Oder doch besser Olivenöl? Apfelessig auf nüchternen Magen. Trennkost. Fünfmal am Tag ein Stück Obst. Dinner Cancelling.

Wir werden von Ernährungs- und Gesundheitstipps zeitweise richtiggehend überflutet. Und manchmal hat frau das Gefühl von der Wellness-Welle mitgerissen zu werden und in Gefahr zu geraten, in der Fülle an „neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen“ zu ertrinken.

Aber so unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind die für sie passenden Ernährungsmöglichkeiten. Dogmatische 08/15 Empfehlungen lassen sich nicht auf die individuellen Bedürfnisse jeder einzelnen aufpfropfen. Auf Dauer erfolgreich in den Alltag zu integrieren sind sie auch nicht. Eine Binsenweisheit.

Eine Binsenweisheit? Reicht der ausschließliche Blick auf das, was zum Frühstück, zum Mittagessen, zum Abendbrot und zwischendurch und mitten in der Nacht gemampft wird nicht aus? Nein, er reicht nicht aus. Und es reicht auch nicht aus, mit Bluthochdruck, erhöhtem Cholesterinspiegel oder den sich in Richtung jenseits von Gut und Böse beweglichen Triglizeridwerten zu drohen.

Meiner Erfahrung nach ist es zielführender, gemeinsam mit den Klientinnen neben ernährungsspezifischen Angelegenheiten eine für sie individuell angepaßte alltagstaugliche Strategie zu entwickeln, die unter anderem folgende Aspekte umfaßt:
· Warum will ich mich überhaupt gesünder ernähren? Warum will ich abnehmen? Will ich das wirklich ?
· Wie kann ich mein Vorhaben gut in meinen (Arbeits-) Alltag integrieren?
· Habe ich an meinem Arbeitsplatz die Möglichkeit, Essen zuzubreiten oder zumindest warm zu machen?
· Wie kann ich Pausen in meine Arbeit so einplanen, daß ich in Ruhe essen kann – und nicht vor dem Computerbildschirm, nicht während des Kopierens …
· Wie regle ich den Einkauf?
· Kann ich mir gesunde Ernährung finanziell leisten?
· Was mache ich, wenn die Familie ob des liebevoll zubereiteten Abendmahls in ein kollektives „Uäh, das esse ich nicht“ ausbricht?
· Wie verhalte ich mich, wenn die KollegInnen / FreundInnen / dieSchwiegermutter mit Torte locken und ich fürchten muß, als Spielverderberin zu gelten, weil Torte zur Zeit nicht ins Konzept paßt.
· Was tun, wenn alle Hoffnungen und guten Vorsätze verpuffen?

Fragen, die einer individuelle Beantwortung bedürfen. Eindeutig zu beantworten ist jedoch die eingangs erwähnte Frage: Was tun, wenn einer wieder einmal Schlankheitstipps um die Ohren fliegen, die „5 Kilo in 5 Tagen weniger“ versprechen? Am besten ignorieren.

Oder, falls es sich um saugfähiges Papier handelt, auf dem diese Blödheiten gedruckt sind, zum Beispiel den Meerschweinchenstall damit auslegen …

Eine kleine Auswahl an Literatur zum Thema:

Angres, Volker; Huter, Claus-Peter & Ribbe, Lutz (vollständig, aktualisierte Taschenbuchausgabe, 2002): Futter fürs Volk. Was die Lebensmittelindustrie uns auftischt. München: Knaur.

Drolshagen, Ebba D. (1997): Des Körpers neue Kleider. Die Herstellung weiblicher Schönheit. Frankfurt/Main: Fischer Verlag.

Göckel, Renate (2002): Warte nicht auf schlanke Zeiten. Stuttgart: Kreuz Verlag.

Grimm, Hans-Ulrich (1999): Die Suppe lügt. Die schöne neue Welt des Essens. München:
Knaur.

Lehner, Petra (1999): “Wundermittel“ gegen Übergewicht. Wien: Aktiv für Sie –
Arbeiterkammer Wien.
Eine aktuelle Ausgabe dieser Broschüre gibt es hier zum Downloaden.

Orbach, Susie (17. Auflage, 1997): Anti-Diätbuch. Über die Psychologie der Dickleibigkeit, die Ursachen von Eßsucht. München: Frauenoffensive.

Orbach, Susie (9. Auflage, 1997): Anti-Diätbuch II. Eine praktische Anleitung zur Überwindung von Eßsucht. München: Frauenoffensive.

Pollmer, Udo (2005): Esst endlich normal! Wie die Schlankheitsindustrie die Dünnen dick und die Dicken krank macht. München, Zürich: Piper.

Pollmer, Udo; Fock, Andrea; Gonder, Ulrike & Haug, Karin (2001): Prost Mahlzeit. Krank durch gesunde Ernährung. Köln: Kiepenhauer & Witsch.

Schoberberger, Rudolf; Kiefer, Ingrid & Kunze, Michael (2002): Schlank ohne Diät. Das Super- Abnehmprogramm. Leoben: Kneipp Verlag.

Vandereycken, Walter; van Deth, Ron & Meermann, Rolf (veränderte Ausgabe, 1992): Hungerkünstler, Fastenwunder, Magersucht. Eine Kulturgeschichte der Eßstörungen. München: dtv.

Worm, Nicolai (1998). Diätlos glücklich. Abnehmen macht dick und krank. Genießen ist
gesund. Bern: Hallweg.

Wundermittel am Schlankheitsmarkt – Was wirklich hilft

© Petra Öllinger, Juli 2003
Diplomarbeit im Rahmen der Ausbildung zur Ernährungstrainerin an der Vitalakademie Wien.

1. Einleitung

Wenn ich erst schlank bin. Wenn ich erst zehn Kilo weniger habe. Wenn, wenn, wenn. Und dann? Die Aussagen implizieren nicht selten, daß weniger Speck um die Hüften automatisch mehr Glück und Erfolg im Beruf, im Gesellschaftsleben und bei der PartnerInnenwahl bedeutet. Schließlich wird uns von der Werbung und den, zumeist männlichen, Modegurus vorgegaukelt, daß mager gleich begehrenswert ist. Kein Wunder, daß so viele Menschen unermüdlich, und hier nach wie vor junge Mädchen und Frauen, nach einem körperlichen Ideal streben, das zu erreichen nur unter größter Anstrengung, Selbstdisziplin (fast möchte frau von Selbstgeißelung sprechen) möglich ist. Laut einer Umfrage unter Expertinnen in Beratungsstellen für Menschen mit Eßproblemen, die ich letzten Herbst für eine Artikelrecherche durchgeführt habe, stellen Diäten häufig die Einstiegsdroge in Eßverstörungen dar. Ein Phänomen, das den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Unerwähnt darf es trotzdem nicht bleiben, da sich gerade im Ernährungstraining immer wieder die Frage stellt: ist eine Gewichtsreduktion tatsächlich induziert oder steckt hinter dem Abnahmewunsch eine verzerrtes Bild vom eigenen Körper, an dessen Behebung in Kooperation mit Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gearbeitet werden soll? Für die Prozess-Begleitung meiner Kundinnen und Kunden nimmt für mich folgender Standpunkt einen klaren Stellenwert ein: Die Glückseligkeit liegt nicht im Streben nach einem Suppen-Kasper-Ideal, das durch sinnlose Blitz-Diäten, Kalorienzählen, Formula-Pulver-Pampe und Selbstkasteiung zu erreichen ist. Durch meine Tätigkeiten unter anderem in (feministischen) Bildungsbereich, lege ich neben psychologischem Know-how, Wert auf die Sichtbarmachung von Strukturen, die zu Fehlernährung führen. Dazu zählt nicht nur der kritische Blick auf Ernährungsgewohnheiten, sondern zusätzlich auf soziale und/oder mediale Einflüsse.

Eine Möglichkeit, Menschen gegen die Aufoktroyierung des Magerkeitswahns (von Schlankheit kann bei genauerer Betrachtung des jetzigen Schönheitsideals kaum noch gesprochen werden) beziehungsweise sie gegen den Frust, der sich unweigerlich nach Beendigung einer Crash-Diät ergibt, zu wappnen, ist Aufklärungsarbeit hinsichtlich Wundermittel-Scharlatanerie zu leisten. Ein Blick in die Regale von Buchhandlungen zeigt eine Fülle an unterschiedlichsten Diäten, die jedes Jahr wie die sprichwörtlichen Schwammerl aus dem Boden schießen. Wer sich nicht erst durch Diät-Ratgeber arbeiten will, der/dem kann auch rasch geholfen werden, beispielsweise mit Fettkiller-Pillen, Schlanksohlen, Weltraumtechnik oder einer Sitzung im Sauerstoffzelt.

Die vorliegende Arbeit wirft einerseits einen genaueren Blick auf die Werbung der schnell-schnell-heilsversprechenden Wässerchen, Pillen, Schlankheitsinstitute und so weiter sowie auf die Wundermittel selbst. Was ist lediglich sinnlos? Was ist gefährlich? Was hat es mit einer Fettabsaugung auf sich? Wo liegt der Unterschied zwischen Appetitzügler und Fettkiller-Pillen?

Andererseits wird der Frage nachgegangen, wann abnehmen tatsächlich sinnvoll ist und welche Möglichkeiten es gibt. Ein Augenmerk liegt hier beim Programm Schlank ohne Diät, dessen Konzept ich in meiner Arbeit mit übergewichtigen Menschen einbaue. Und das mit dem Irrtum aufräumt: Wer sich nur ordentlich kasteit und möglichst unfroh durch den Diätendschungel pirscht, den können wir erlösen…

2. Diät als Ausnahmezustand

Wer hat den Ausspruch nicht schon gehört oder auch selbst die Erfahrung gemacht: Sobald ich wieder normal gegessen habe, habe ich zugenommen. Was heißt normal essen? Der Satz ist klar: Wer Diät hält zwecks Gewichtsreduktion, ißt eben nicht normal. Und genauso so schauen viele Diäten auch aus. Hundert Gramm Hühnerbrüstchen, zwanzig Gramm Kartoffelchen, in einer fingerhutgroßen Wassermenge gedünstet. Macht schlank – ist aufwändig. Da stellt sich die Frage, wie dieser Aufwand zum Beispiel für Frauen zu betreiben ist, die für ihre Familie auch noch kochen müssen – und ihrem Job nachgehen und der Hausarbeit. Ein bewusster Umgang mit dem Essen, ein liebevoller Umgang mit dem Körper wird bei den 5-Kilo-in 5-Tagen-Diäten sicher ebenfalls nicht erlernt. Für kurze Zeit wird auf vieles verzichtet. Wohlschmeckendes, lustvolles Essen ist tabu. Keine Gnade den kleinen Sünden. Freudlosigkeit während und Frust nach dem Abspecken. Sobald die Zeit des Darbens vorbei ist, beginnen die ersten Abschweifungen vom strikten Essensplan. Was nicht verwundert, wer hält auf Dauer schon ein 1 000 Kalorien-Hungern durch oder ausschließliche Ernährung von Eiern, Kartoffeln oder Steaks. Willkommen im alten Fahrwasser der vermeintlich überschüssigen Kilos, und derer noch mehr!

Interessant ist hierbei, daß zum Beispiel Frauenmagazine ihren Umsatz erhöhen, wenn sie auf der Titelseite eine Schnelldiät ankündigen beziehungsweise kleine Diät Heftchen anbringen am Cover. In der Regel steigt die Auflage. In den besten Fällen, wie zum Beispiel zu Jahresbeginn, erreicht diese bis zu 20 Prozent, so die Marketingleiterin von Für Sie in einem Profil-Interview im Jänner 2003.

2.1. Wasserfälle und Jo-Jo

Mensch blickt auf die Waage: Jubel, es funktioniert. Der Zeiger bewegt sich kontinuierlich nach links – zumindest im Anfangsstadium einer drastisch kalorienreduzierten Diät. Schon nach wenigen Tagen tut sich auf der Waage kaum noch etwas. Die Ernüchterung kommt nach der Diät, die aus welchen Gründen auch immer beendet wurde, sei es weil, die Betroffenen frustriert das Handtuch werfen, weil es trotz eiserner Disziplin nicht gelungen ist, noch mehr an Gewicht zu verlieren. Kaum beginnt frau/man normal zu essen, schnellt das Körpergewicht wieder in die Höhe. Nicht selten werden die Betroffenen schwerer als vor der Diät. Der Grund dafür ist der sogenannte Jo-Jo Effekt (vergleiche Ojeda, 2000). Der anfänglich rasche Verlust der überschüssigen Kilos ist nicht das vermeintliche Körperfett, das dahinschmilzt, vielmehr wird Wasser ausgeschieden. Wie kommt es zu diesem Vorgang?

Oberstes Ziel des Körpers ist die Aufrechterhaltung seiner Funktionen. Ist die Energiezufuhr geringer als der Energiebedarf, mobilisiert der Körper seine Reserven. Vor allem die Versorgung von glukoseabhängigen Zellen und Organen (Gehirn, Nervengewebe, rote Blutkörperchen, Nierenmark) muß gewährleistet sein. Der Flüssigkeitsverlust entsteht erstens durch die Mobilisierung der Glykogenspeicher zur Energiegewinnung. Glykogen selbst speichert zirka 80 Prozent Wasser. Nachdem die Glykogenspeicher entleert worden sind, was bei beispielsweise bei Null-Fasten nach spätestens drei Tagen eingetreten ist, zapft der Körper seine Eiweiß-Energiequellen an. Diese Eiweißstoffwechselprodukte werden über den Harnweg ausgeschieden. Außerdem wird bei einer Nahrungsreduktion auch weniger Salz, das ebenfalls Wasser speichert, aufgenommen (vergleiche Verein für Konsumenten Information [VKI], 2002). Warum schaltet der Körper aber nun auf Sparflamme?

Weniger Energiezufuhr, und zwar dann, wenn sie plötzlich und drastisch abläuft, bedeutet für den Körper den Beginn einer Notzeit, für die er sich wappnen muss. Das gelingt ihm einerseits durch eine bessere Ausnutzung der zugeführten Nährstoffe und andererseits durch das Herabsenken des Grundumsatzes. Der Grundumsatz ist dabei jener Energiebedarf, der notwendig ist, um basale Körperfunktionen wie Herzschlag, Atem, Drüsensekretion und Tätigkeiten der glatten Muskulatur aufrechtzuerhalten. Gemessen wird er normalerweise zwölf Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme, in Ruhezustand und bei einer Raumtemperatur von zirka 20 Grad (Kiefer, 2002). Wenn also ein Mensch sich einer künstlichen Hungersnot aussetzt,…, vor allem, wenn es eine strenge Diät ist,…, boykottiert sein Körper dieses Vorhaben (Pollmer, Fock, Gonder und Haug, 2001; Schoberger, Kiefer und Kunze, 2002). Ist der Boykott beendet, laufen die körperlichen Funktionen trotzdem noch immer auf Sparflamme, der Grundumsatz geht nicht automatisch in die Höhe. Nun jedoch ißt der Mensch wieder normal, der Körper erhält das Signal Hurra, Futter in Übermaß!. Dieses Futter sammelt der Körper für die nächste Hungerperiode – das Gewicht schnellt nach oben (vergleiche Meryn, 2000; Münzig-Ruef, 2002; Pollmer et al. , 2001).

Aber nicht nur körperlich beginnt ein Teufelskreis. Der psychische Druck, dem die Menschen ausgesetzt sind, steigt ebenfalls. Und die nächste Diät beginnt. Es ist der Vergleich mit superdünnen, glücklichen Vorbildern, der bei Frauen Neid und den Wunsch auch so auszusehen auslöst. Die Folge davon ist, daß jede Frau, die sich zu dick fühlt, möglichst schnell schlank werden will. Diät bedeutet aber meist Mangelernährung – und auf Mangelernährung reagiert der gesunde Körper mit Hunger auf das Richtige. Wieder können Fressanfälle die Folge sein, worauf dann wiederum noch strengere Diäten folgen. Worauf dann wieder Fressanfälle folgen, worauf dann wieder… (Göckel, 2002, S. 30)

2.2. Vom Kalorienzählen – ein Märchen(?)

Wie viele Kalorien hat beispielsweise ein Apfel? Beinahe jede/r schätzt den Energiehalt richtig ein. Soweit hier von richtig gesprochen werden kann. Roh, ungeschält, zirka 125 Gramm schwer liest frau/man zwischen 60 und 75 Kilokalorien (interessanterweise hat sich die Bezeichnung Kilojoule kaum durchgesetzt). Unabhängig davon, ob es sich um eine Bio-Ausgabe handelt oder um chemisch umsorgtes Obst, ob der Apfel viel Sonne abbekommen hat oder ein Schattendasein fristete. Vitamingehalt, Wasseranteil et cetera lassen sich aus der Energieangabe alleine nicht ablesen. Trotzdem: Kalorientabellen sind für viele Menschen der erhobene Zeigefinger, ja nicht auf die Idee zu kommen, Essen nach Lust und Laune zu genießen. Laut Pollmer et al. (2001) unterliegen die Lebensmittel gravierenden Energieschwankungen. Oder wie ist es sonst möglich, dass 100 g Roggenvollkornbrot 1978 noch 240 Kalorien lieferten, 12 Jahre später aber nur noch 80 Prozent davon, ganze 194 Kalorien? (Pollmer et al., 2001, S. 21). Es liege nicht an der Entwertung der Lebensmittel, so die Autorinnen und Autoren weiter, vielmehr täuschten die Tabellen eine Präzision vor, die nicht existiert und eine Starrheit, die sich die Natur gar nicht leisten könnte (S. 21). Jedoch gibt es auch Fälle, wo sich die Lebensmittel ändern und nicht die Analysewerte. So hat beispielsweise der Fettgehalt von Schweinebauch von ursprünglich zirka 30 bis 40 Prozent auf etwa 20 Prozent abgenommen. Ernährungspläne, die mit althergebrachten Tabellen erstellt werden, sind falsch (Pollmer et al., 2001). Interessantes läßt sich auch in Bezug auf Ballaststoffe zu Tage fördern. Vor Jahren beschlossen die Experten, dass Ballaststoffe keine Kalorien zu haben hätten (S. 23). Jedoch liefern auch diese unverdaulichen Stoffe Energie. So bilden sich beim Abbau der Ballaststoffe kurzkettige Fettsäuren (Propion-, Butter-, Essigsäure), die sehr wohl als Energiequelle genutzt werden.

Trotz aller kritischen Ansätze darf nicht vergessen werden, daß es für Menschen, die ihr Gewicht reduzieren müssen, sehr wohl hilfreich ist, wenn sie über den Kaloriengehalt der Nahrungsmittel Bescheid wissen. Wer kann sich allerdings unter 100 Kalorien etwas vorstellen? Eine gute Möglichkeit ist, die Menge unterschiedlicher Lebensmittel mit demselben Energiegehalt gegenüberzustellen. So entspricht beispielsweise ein Stück Pizza mit Tomaten und Käse (250g) zwei Gläsern Schnaps à 2 Zentiliter (Schoberberger et al., 2002). 100 Kalorien sind in lediglich zwei Stück Vollkornkeksen enthalten oder in einer Rippe Vollmilchschokolade (Kiefer, 2002). Es geht nicht darum, den Kaloriengehalt von Lebensmitteln auf Punkt und Beistrich auswendig zu wissen, vielmehr sollen die Betroffenen ein Gefühl für die zugeführte Energiemenge entwickeln. Dafür sind Kalorientabellen ein recht brauchbares und unterstützendes Instrument.

3. Dreißig Kilo weniger in einem Monat – von sinnlosen Versprechungen

Auch die erprobtesten Diätkennerinnen und -kenner, die hartgesottensten das-probiere-ich-jetzt-auch-noch Pionierinnen und Pioniere wissen: Dreißig Kilo weniger auf der Waage in dreißig Tagen sind nicht möglich. 5 Kilo in 5 Tagen übrigens auch nicht… Trotzdem fallen Abnehmhungrige nicht selten auf neueste Sensationen herein. Dabei hat diese Gutgläubigkeit selten etwas mit Dummheit zu tun. In vielen Fällen agieren die Anbieterinnen und Anbieter auf sehr subtile Weise. Wer schon viele Diäten und dergleichen ausprobiert hat, ein Höchstmaß an Selbstdisziplin aufgeboten hat und trotzdem Schiffbruch erleiden musste, nimmt gerne jede Gelegenheit wahr, die eine Gewichtsreduktion auf einfache Art ermöglicht.

3.1. Werbemaschen und andere Verführungen

Als Hinweise, daß es sich bei den Anzeigen um einen Schwindel handelt, der im besten Fall kostspielig ist, im schlimmsten Fall Gesundheitsschäden nach sich ziehen kann, sind folgende genannt (Lehner 1999; Schliesselberger, 1998; VKI, 2002).

Anschrift
Bei vielen Anbieterinnen und Anbietern handelt es sich um Postfachfirmen. Die Produkte sind nur über eine Postfach-Adresse oder telefonisch zu erwerben.

Geld-zurück-Garantie
Diese ist folglich schwierig beziehungsweise unmöglich einzulösen, denn Postfach und Konten der Unternehmen sind rasch wieder aufgelöst.

Schnelle Resultate
Ich habe 14 Kilo in 4 Wochen abgenommen und dergleichen sind unmöglich (siehe Kapitel 2.1. Wasserfälle und Jo-Jo).

Vorher-Nachher-Bilder
Zumeist handelt es sich um Computerbearbeitete Bilder. Sind die Modelle doch lebensecht, dann bedeutet das noch lange nicht, daß das beworbene Mittel für alle Personen gleich wirksam ist. Die Zeitschrift Ökotest im Februar 2003 brachte Ernüchterndes zum Vorschein beim Versuch, die Konsumentinnen (meistens sind es Frauen) von Schlankheitsprodukten hinsichtlich ihres Erfolges zu befragen. So wurde beispielsweise von der Vertriebsfirma algoxyll die Anfrage abgelehnt. Schließlich fand sich dann doch eine Kundin, deren Gewichtsreduktionserfolg nicht auf dem von der Firma angepriesenen Produkt basierte, sondern auf dem Programm der Weight Watcher… Eine andere Dame hatte Erfolge erzielt mit SlimFast-Drinks. Wie die Autorin des Beitrages Hella Hansen jedoch richtig feststellt bleibt diese einfache Lösung dennoch Illusion, denn durch die Schlankheits-Drinks wird das Ernährungsverhalten nicht umgestellt. Läßt man sie wieder weg, sind die Pfunde schnell wieder drauf (Hansen, 2003).

Expertinnen und Experten
Frau Dr. Braun, Leiterin der Ernährungsabteilung (von welcher eigentlich?) oder Arzt & Diätspezialist Prof. Dr. Bernhard Wollschläger (USA) (woher genau ?) garantieren für die wissenschaftliche Seriosität der Produkte respektive der Firmen. Wer sich auf die Suche nach den Betreffenden macht, wird lange – und vergebens – unterwegs sein…

Inhaltsstoffe
Die neuen BELLAFORM Schlank Kapseln enthalten 5 hochwirksame natürliche Wirkstoffe, welche den Körper… Um welche Inhalte es sich allerdings genau handelt, wird weder in den meisten Anzeigen noch auf den Packungen selbst deklariert. Beruhigt werden die Konsumentinnen und Konsumenten durch Begriffe wie natürlich oder naturbelassen, nach dem Motto: Was aus der Natur kommt, kann nicht schädlich sein.

Übrigens, wer darauf hofft, daß bei jenen Produkten, die über Apotheken zu beziehen sind, besser beraten ist, irrt. Laut einer Erhebung der Arbeiterkammer Wien 2002, in der eine schlanke Testperson unterwegs war, um ein geeignetes Abnehmmittel zu kaufen, wiesen von insgesamt 20 Apotheken lediglich vier eine sehr gute Beratung auf. Zwei wurden mit gut, drei mit zufriedenstellend und elf Apotheken mit ungenügend bewertet. Bei den zuletzt Gereihten wurde weder produktbezogen noch speziell auf die Testkäuferin und deren körperliche Voraussetzungen eingegangen (Lehner, 2002).

Neben den oben erwähnten, zumeist offensichtlichen Aspekten, lohnt ein Blick auf versteckte Mitteilungen in den Anzeigen:

Geschlechterverteilung

So finden sich auf den meisten Abbildungen Frauen. Ein interessanter Umstand. Hier wird eine Diskrepanz deutlich sichtbar: Nach wie vor sind zumeist Frauen für die Zubereitung von Mahlzeiten zuständig. Diese Domäne wird ihnen gleichzeitig zur Falle, der Zweck des Essens – sich gut und ausreichend zu ernähren – ist für viele verpönt. Das Schönheitsgewicht steht im Vordergrund. Schließlich brauchen sich die Betroffenen nicht wundern, wenn sie von ihrem Partner verlassen werden, so die Drohung im Prospekt der Firma Figurella: Denken Sie daran – Ihr Mann hat eine schlanke Frau geheiratet und Ihr Kind verdient eine schlanke Mutter, denn auch Kinder möchten auf ihre Eltern stolz sein. Jawohl, mit Schwangerschaftsstreifen oder einem Hintern wie jener eines Haflingerpferdes (O-Ton einer Kundin), ist die Lebensqualität dahin…

Gesund versus schön
Gesundheitliche Aspekte von Übergewicht werden in Anzeigen für Strobby: die Fett-weg-Pille und Co. selten genannt. Im Vordergrund steht vielmehr der ästhetische Aspekt.

Alles easy
14 Kilo im Sitzen weg! Abnehmen im Büro – mit Kaffee. Coffee Slim 10x besser als Pillen „Schlank auf die leichte Art“ Und noch dazu Automatisch – ohne Ihr Zutun. Die Ernährung, die Lebensführung muß erst gar nicht verändert werden. Denn mit Chitosan verringern Sie bei gleichbleibenden Essgewohnheiten die Kalorienzufuhr. Wer es also damit nicht schafft, ist schlichtweg eine Versagerin/ein Versager. Somit wird das Bild von der faulen Dicken, dem disziplinlosen Fetten gefestigt.

3.2. Sinnloses

Kuriositäten auf dem schnell-die-überschüssigen-Kilos-runter-Markt gibt es derer unzählige. Deshalb möchte ich an dieser Stelle nur einige Produkte exemplarisch herausgreifen. Interessant ist, daß sich viele der Waren besonders auf den Abbau von Körperfett beziehen beziehungsweise einer übermäßigen Fettaufnahme entgegenwirken wollen.

Ein Obstsalat zum Abnehmen – die wundersame Papaya, Mango und Ananas
Fettabbau mit tropischen Früchten klingt sehr verlockend. Sie bauen zwar schon etwas ab, jedoch nicht das Körper- beziehungsweise Depotfett. Die Früchte enthalten Enzyme, wie Bromalein oder Papain, die der Eiweißspaltung im Magen und so einer besseren Protein-Futterverwertung dienen. Beim Körperfett tut sich nichts.

Fettverdauung ist nicht ident mit Fettabbau
Mit dem Wort „Fettabbau“ wird bei pflanzlichen Bitterstoffen und Enzympräparaten am meisten Verwirrung gestiftet (Hamm, 1999, S. 36). Wer sich bittere Inhaltsstoffe zum Beispiel aus der Artischocke (Cynarin) oder aus dem Chicoréesalat zuführt, darf deshalb nicht gnadenlos völlern im Irrglauben, diese könnten ein Kaloriendesaster verhindern oder sogar vorhandene Fettdepots abbauen. Die Bitterstoffe regen nur den Gallenfluß an und bewirken eine bessere Fettverdauung beziehungsweise ermöglichen eine optimalere Ausnützung der Nährstoffe. Wichtig ist in Bezug auf diese beiden Aspekte immer wieder zu erwähnen, daß die Aktivität der Muskulatur zu einer Fettverbrennung führt und nicht der Darm!

Wunderextrakt L-Carnitin
Dieses Transport-Protein schickt die langkettigen Fettsäuren im Körperfett in die Kraftwerke der Zelle – den Mitochondrien – wo sie verbrannt werden. Also auch hier die Botschaft: alles geht ganz leicht und ohne eigenes Zutun. Allerdings fehlt bei den diversen Anzeigen zum Wunderextrakt ein wichtiger Teil des Vorganges im Körper. Die langkettigen Fettsäuren werden benötigt bei einer körperlichen Langzeitbewegung, ohne körperliche Betätigung wird kein Fett abgebaut. Außerdem ist nicht das L-Carnitin per se Auslöser der Fettsäuren-Verbrennung, dazu ist wiederum Sauerstoff als Zündung nötig. Weder bei Menschen, die abnehmen wollen noch bei sportlich Aktiven ist eine externe Zufuhr an L-Carnitin notwendig. Der Körper bildet es selbst in der Leber und der Niere aus den Aminosäuren Methionin und Lysin. Außerdem kommt L-Carnitin natürlich in Fleisch vor. Für eine funktionierende L-Carnitin-Biosynthese sind zusätzlich die Vitamine B6 und C sowie Eisen notwendig (Hamm, 1999). Hier wird sehr deutlich, daß erst eine ausgewogene Ernährung das reibungslose Funktionieren chemischer Vorgänge ermöglicht.

Wunder-Extrakte Chrom und Cholin
Es wirkt gemeinsam mit Insulin beim Zuckerstoffwechsel und ist beteiligt am Eiweißtransport zu jenen Stellen, wo es gebraucht wird (Mindell, 2002). Es hilft, Heißhungerattacken auf Süßes und Energieeinbrüche zu vermeiden. Bei einer ausgewogenen Ernährung verfügt der Körper über ausreichend Chrom, welches somit nicht extra zugeführt werden müßte. Und Heißhungerattacken würden sich ebenfalls in Grenzen halten… Dieselbe Argumentation gilt auch für Cholin, das zur Vitamin-B-Gruppe gehört. Es ist wichtig für den Fettstoffwechsel. Gemeinsam mit Inosit wirkt es beim Fettstoffwechsel und Cholesterinstoffwechsel (Mindell, 2002).

Neben der Höherpreisigkeit diverser Schlankheitsmittel stellt sich das Problem der isolierten Zufuhr einzelner Bestandteile. Wie schon bei L-Carnitin erwähnt, beruht die Wirksamkeit von Chrom und Cholin nicht auf einer isolierten Anwendung, sondern immer nur im Kontext mit anderen Vitaminen, Mineralstoffen und Enzymen.

Von schlanken Fischen – Chitosan
Das Wundermittel aus den Schalen von Meerestieren wird ebenfalls nachgesagt, es könne dem Wunsch nach Schlankheit dienen indem es das Fett wie ein Schwamm aufsaugt. Jedoch lediglich das mit der Nahrung aufgenommene Fett kann durch diesen Stoff absorbiert werden, nicht jedoch das Körperfett (Hamm, 1999). Gemeinsam ist den sogenannten Fettkillern, wozu beispielsweise Chitosan zählt, daß es bei unkontrollierter Einnahme und ohne Ernährungsumstellung zu Fettstühlen kommt, die nicht selten in die Hose gehen. Außerdem werden die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K unverbraucht ausgeschieden, was bei längerer Einnahme durchaus zu Mangelerscheinungen führen kann (Lehner, 1999).

Sättigung mit Ballaststoffen im Kampf gegen das Übergewicht
Ballaststoffe wie Zellulose, Hemizellulose oder Lignin sind vom menschlichen Körper nicht resorbierbar, sondern werden von den Bakterien des Dickdarmes umgebaut zu kurzkettigen Fettsäuren, die wiederum der Durchblutung und dem Stoffwechsel des Darmes dienen. Sie quellen im Magen auf und bewirken ein Sättigungsgefühl. Voraussetzung ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr – ein Hinweis der bei manchen Produkten schlichtweg fehlt. Ballaststoffe sind auch in frischem Obst und Gemüse enthalten, Weizen- oder Haferkleie, geschroteter Leinsamen sind ebenfalls eine Ballaststoffquelle – und sie sind wesentlich kostengünstiger… Ob sie auch kalorienfrei sind, darf angezweifelt werden, vergleiche dazu Kapitel 2.2. Vom Kalorienzählen – ein Märchen(?).

Belebend abnehmen mit Koffein
Koffein ist im Kaffee, in Cola-Getränken und Energydrinks enthalten und verstärkt im Körper den Fettabbau. Koffein aktiviert Catecholamine, dadurch werden vermehrt Fettsäuren freigesetzt und deren Umsatz erhöht. Gleichzeitig wird der Glykogenabbau gehemmt. Erhöht wird zusätzlich der Grundumsatz (siehe Kapitel 2.2. Vom Kalorienzählen – ein Märchen(?)). Um einen nachweislichen Effekt zu erzielen, sind allerdings große Mengen an Koffein notwendig. (Schoberberger et al., 2002). Aus gesundheitlichen Gründen ist ein Dasein als Kaffeejunkie nicht empfehlenswert. Neben Problemen für das Herz-Kreislaufsystem, können große Mengen an Koffein die Eisenaufnahme behindern (Mindell, 2002).

Dünn im Schuh – Schlanksohle
Dabei handelt sich um Schuheinlagen mit kleinen Noppen, die eine Art Fußreflexzonenmassage durchführen und dabei vor allem auf die Verdauungsorgane wirken. Damit diese Sohle auch wirken kann, ist eine tägliche Bewegungsdauer zwischen zwei und vier Stunden notwendig – eine Gewichtsreduktion die auch ohne der Einlagen möglich ist.

Schlank im Sauerstoffzelt – Figurella Institut
Im Zuge einer Artikelrecherche für das feministische Magazin Anschläge zum Thema Diätwahnsinn, suchte ich um Rat im Schlankheitsinstitut Figurella. Mein Wunsch: Obwohl von meinen Mitmenschen als Fliegengewicht tituliert (Größe 1,52, Gewicht zirka 44 Kilo), möchte ich um zwei Kilo leichter werden. Im rosa-flauschigen Beratungszimmer wurden unter dem strengen Blick der Beraterin Oberarme, Brustumfang, Bauch und so weiter gemessen. Das Resultat: mein Körper – eine einzige Problemzone. Sogar Cellulite drohe mir, denn das Gewebe an meinen Oberschenkeln sei sehr weich, so die Beraterin. Empfohlen wurden mir 30 Behandlungen mit Aktiv-Sauerstoff, Bewegung (bestimmte gymnastische Übungen) und Ernährungsberatung. Letztere bestand aus allgemeinen Richtlinien. Ob ich zum Beispiel mehr Kalzium brauche, Vitamine aus der B-Gruppe oder andere Mineralstoffe und Vitamine, erfuhr ich nicht. Aber immerhin würde sich mein Körperumfang um insgesamt 39 Zentimeter reduzieren. Ich verließ das Institut und wusste: meine zwei überschüssigen Kilos behalte ich – und 1 700 Euro. Geschäftstüchtigkeit konnte der Dame nicht abgesprochen werden. Eine wichtige Erfahrung, die zeigt, wie es Frauen (Männer haben angeblich keinen Bedarf und die Damen wollen auch lieber unter sich sein, so die Antwort auf meine Frage, ob denn auch Herren ins Institut kämen) ergehen kann, die verzweifelt versuchen, ihr Gewicht zu reduzieren. Der Druck, den frau ausgesetzt wird, wenn es darum geht, einen Vertrag abzuschließen ist unglaublich.

3.3. Da bekommen Sie Ihr Fett ab – von Fettaustauschstoffen

Wer ist nun schuld am Übergewicht? Alle paar Jahre, so scheint es, wird eine neue Schuldigen quelle erschlossen. Waren es vor einigen Jahren der Zucker und andere böse Kohlenhydrate, bekommt jetzt, wie bereits oben erwähnt, das Fett sein Fett ab. Seit geraumer Zeit ist die Allianz von Ernährungspäpsten und Industriellen ganz fasziniert von dem Gedanken, das Fett aus der Nahrung eliminieren zu müssen, so Nicolai Worm in seinem Buch Diätlos glücklich. Für viele ist Fett bereits ein Synonym für ungesund geworden. Aber ganz ohne Fett geht’s nun doch nicht. Fettsäuren sind an vielen Funktionen im Körper beteiligt. Beispielsweise am Aufbau der Zellmembran, von Hormonen, zum Transport von Vitaminen und Proteinen und so weiter. Trotzdem klingen Begriffe wie Fettaustauschstoffe und Fettersatzstoffe verlockend – nicht nur für Abnehmwillige. Was ist aber nun dran beziehungsweise drinnen (Worm, 1998)?

Fettersatzprodukte sind synthetisch hergestellte Kunstfette. Die Grundlagen bilden hier entweder Eiweiß oder Kohlenhydrate. Bei ersterem bilden Hühner-, Magermilch- und Molkeneiweiß sowie Maiseiweiß aus der Glukose-Sirup Gewinnung die Basis. Simplesse heißen die Substanzen aus Hühnerei- und Magermilcheiweiß, Dairy Lo jene aus Molkeneiweiß. Wie gelingt es, daß diese Produkte eine fettige Konsistenz annehmen? Bei der Produktion werden winzigste Kügelchen mit einem Durchmesser von wenigen tausendstel Millimeter unter hohem Druck gegeneinander verschoben – die sogenannte Mikropartikulation. Die Folge: die Zunge nimmt diese Teilchen nicht mehr als Einzelpartikel wahr. Der Haken dabei ist, daß diese Fette nicht erhitzt werden können. Bei Temperaturen über 100 Grad werden sie zerstört und verlieren ihre fettige Eigenschaft. Außerdem leidet der Geschmack unter einer solchen Erwärmung. Und die Kalorienersparnis? Die Betonung liegt hier auf Ersparnis. Denn immerhin haben diese Austauschfette vier Kalorien pro Gramm. Verwendet werden sie vorwiegend in fettarmen oder fettreduzierten Produkten. Erkennbar sind diese Stoffe für Laien kaum – zur Deklarierung genügt die Bezeichnung Molkeneiweiß-Erzeugnis (Pollmer et al., 2001; Worm, 1998). Bei Milchprodukten entfällt die Deklarierung überhaupt, denn Milchbestandteile gelten in Milchprodukten als Selbstverständlichkeit und müssen nicht extra deklariert werden (Pollmer et al., S. 270).

Substanzen, die auf der Basis von Stärke erzeugt wurden, tragen beispielsweise den Namen Maltrin; N-Oil, oder Possel SA2. Sie werden chemisch, physikalisch und enzymatisch behandelt und quellen im Wasser auf verbessern die Textur des Wasseranteils in einem Lebensmittel und erzeugen auf diese Weise eine cremige, weiche Konsistenz, verbunden mit einem etwas fettigem Gefühl im Mund (Worm, 1998, S.145). Und – erraten – erhitzt können sie auch nicht werden. Erkennbar sind sie an der Bezeichnung modifizierte Stärke. Die Kalorienersparnis? Die fällt hier zwar etwas größer aus, immerhin haben sie nur noch ein bis zwei Kalorien/Gramm. Jedoch stellt sich hier genauso wie bei den oben erwähnten Produkten die Frage: Kann der Körper diese Ersatzstoffe überhaupt verwerten? Durch die spezifische Molekülkonstruktion wandern sie unverdaut durch den Verdauungstrakt (Hamm, 1999). Ganz ohne Nebenwirkungen sind auch jene Produkte wie Inulin oder Polydextrose nicht. Sie liefern zwar keine Energie, können jedoch nicht verdaut, sondern lediglich von den Darmbakterien aufgespalten werden. Bei einem Konsum in hohen Dosen führen sie zu Durchfällen, Blähungen et cetera.

3.4. Der light-Schwindel

Die oben genannten Stoffe finden sich zunehmend in Milchprodukten wie Sauerrahm, Joghurt, Schmelzkäse sowie in Salatdressings oder Mayonnaisen. Die Produkte tragen dann die Bezeichnung fettarm oder fettreduziert. Oder sie werden eben als light tituliert. Für den Begriff light gibt es europaweit keine einheitlichen Richtlinien oder Definitionen. Light kann heißen, daß weniger Zucker, weniger Fett, weniger Alkohol in einem Produkt drinnen ist. Es kann aber auch einfach nur heißen, dass ein Nahrungsmittel (wobei der Begriff Nahrung hier mit großer Skepsis betrachtet werden muss) als besonders bekömmlich angepriesen wird. Häufig sind light-Produkte auch teurer als herkömmliche Nahrungsmittel. Bringen tun sie hingegen gar nichts. Viele light-Produkte enthalten zuviel Süßstoff, was zu Heißhunger-Attacken führt. Der Körper meldet die Nachricht süß, Insulin wird ausgeschüttet, um den Süß-Stoffwechsel in Gang zu bringen. Was dann im Körper anlangt ist unbrauchbarer Zuckerersatz und Zuckeraustauschstoff. Light bedeutet nicht automatisch, daß weniger Energie in den Nahrungsmitteln enthalten ist. Verschiedene Untersuchungen zeigten, daß beispielsweise eine leichte Mettwurst lediglich um zwei Kalorien weniger lieferte als eine normale Mettwurst. Ein süß-saures light Hühnchen aus der Fertigpackung war mit 98 Kalorien pro 100 Gramm fast so fett wie ein Schweinshaxe (Grimm, 1999). Wer light Produkte verzehrt, deren/dessen Chancen auf Gewichtsreduktion sind gleich Null. Versuche zeigten, daß der Verzehr von light-Produkten den Appetit anregt und nicht zur Gewichtsreduktion taugt (Pollmer et al., 2001). Was an Energie fehlt, wird durch Masse ausgeglichen – die Menschen essen mehr davon. In einer Studie an der Universität in Illinois wurde Kleinkindern zum ersten und zweiten Frühstück sowie zu Mittag Mahlzeiten serviert, die teilweise mit light-Fett zubereitet wurden. Nach dem Mittagessen und am zweiten Tag erhielten sie normal zubereitete Speisen. Die Folge: am Abend des zweiten Tages hatten sie ihre persönliche Energiemenge wieder aufgeholt. Kleinkinder essen zumeist noch nach ihrem Gefühl und sind nicht an Kalorientabellen interessiert.

Genauso wenig wie Tiere, die den Energiegehalt ihre Futters auf der Dose nicht nachlesen. In einem Versuch mit Ratten konnte beispielsweise beobachtet werden, daß diäthaltende Nager (sie erhielten Futter mit 10 Prozent light-Fett) am Ende der Untersuchung genau soviel wogen, wie die normalen Nager (Pollmer et al., 2001). Der Grund für diese Verhaltensweisen: ein Reglermechanismus namens Ponderostat, er sorgt dafür, dass unser Hunger dann gestillt ist, wenn wir die Energiemenge verzehrt haben, die unser Stoffwechsel erwartet (Pollmer et al., S. 275). Nicht nur dieser Mechanismus verweigert eine light-Ernährungsvariante, vielfach wirken die künstlichen Süßstoffe (Zuckeraustausch und Zuckerersatzstoffe) wie etwa Saccharin appetitanregend. Schweine, Rinder und andere Nutztiere profitieren übrigens auch davon, wenn es darum geht, an Kilos zuzulegen…(Grimm, 1999; Pollmer et al., 2001).

Übrigens, auch eine andere Bezeichnung ändert nichts an der Tatsache, dass es sich um light-Produkte handelt. So werden Joghurts als Fasten Joghurt bezeichnet und dergleichen. Und ein Blick auf ein herkömmliches Gurkenglas-Etikett läßt die Vermutung aufkommen, es handle sich um besonders leichte Gürklein, die Zutatenliste verweist unter anderem auf Süßstoff Sacharin. Die Bezeichnung light findet sich allerdings nicht… Der Name Diät bei einem Produkt bedeutet nicht gleichzeitig fettreduziert. Diäte kann sich auf die Fettzusammensetzung beziehen, beispielsweise bei einem höheren Anteil an ungesättigten Fettsäuren (Schoberberger et al., 2002). Spannend gestaltet sich die zur Zeit durchgeführten Bemühungen der EU-Kommission um europaweite Richtlinien für gesundheitsbezogene Werbeaussagen bei Nahrungsmittel. Demnach soll unter anderem definiert werden, was unter fettfrei und zuckerfrei bedeutet (0,5 Gramm Fett oder Zucker pro 100 Gramm Produkt). Völlig untersagt werden sollen Hinweise, die nicht klar nicht zutreffend und nicht nachprüfbar sind. Werbeleute laufen bereits Sturm gegen diese Richtlinien…

4. Mit Vorsicht zu genießen – von Kanülen, Ballons, Bändern und anderem

Wenn Diät-Maßnahmen, welcher Art auch immer, keine Erfolge zeigen, so bieten sich unterschiedliche chirurgische beziehungsweise operative Eingriffe. Neben dem Fettabsaugen (Liposuktion), stellen das Magenband sowie der Magenballon eine der gängigsten Methoden dar. Eine nicht operative Möglichkeit, die ebenfalls unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden, ist die Einnahme von Arzneimittel wie Reductil oder Xenical.

4.1. Liposuktion und Co.

Fettabsaugen (Liposuktion)
Tatsächlich lassen sich bei manchen Betroffenen trotz Maßhalten beim Essen und gezieltem Bewegungstraining Reithosen an den Oberschenkeln oder üppige Pos nicht wegmachen. Viele sehen im Fettabsaugen eine letzte Hoffnung Trotzdem ist die Liposuktion keine Methode zur Gewichtsreduktion, denn das Fett wird nur an der Oberfläche abgesaugt, die größeren Fettmengen liegen aber tiefer. Eine Ernährungsumstellung ist ebenfalls notwendig. Zwar wird die (genetisch) festgelegte Anzahl der Fettzellen etwas reduziert. Führt frau/man aber weiterhin eine zu hohe Energiemenge zu sich, dann wird das Fett eben in den noch vorhandene Zellen gespeichert, die Pölsterchen bilden sich dann an anderen Stellen aus, zum Beispiel an den Armen, im Nacken oder im Gesicht.

Genau genommen ist Fettabsaugen ein Überbegriff für verschiedene Techniken, bei denen folgende Methoden unterschieden werden:

  • Tulip-System: Der für das Absaugen erforderliche Unterdruck wird nicht mit einer elektrischen Absaugpumpe erreicht, sondern durch eine spezielle Spritze.
  • Tumeszenztechnik: Hierbei wird das Fettgewebe mit einer Kochsalzlösung, die Menge kann bis zu sechs Liter betragen, aufgeschwemmt. Dann wird die Flüssigkeit mit hohem Druck in die zu behandelnden Körperpartien gepumpt und diese wie ein Ballon aufgetrieben. Durch die Flüssigkeit werden die Fettzellen soweit auseinander geblasen, dass sie mit einer dünnen Kanüle abgesaugt werden können.
  • Ultraschall: Die Fettzellen werden mittels Ultraschall zertrümmert. Dabei implodieren die Zellen und das in ihnen enthaltene Fett wird freigesetzt. Danach wird die Fett-Öl-Lache abgesaugt.
  • Lipopulsing: Hier werden zwei feine Kanülen in die zu behandelnden Stellen gestochen. Diese Kanülen senden hochfrequente elektrische Impulse mit niedriger Energie aus. Somit werden die Wände der Fettzellen aufgelöst und das Fett freigesetzt. Danach wird das Fett mit einer Kanüle abgesaugt.
  • Feintunnelungstechnik: Das Fett wird mit Kanülen mit einem Durchmesser zwischen zwei und drei Millimetern bis dicht unter die Hautoberfläche abgesaugt. Dann werden feine Kanülen teils fächerförmig, teils parallel durch Hautschnitte unter die Haut eingeführt und zirka 4 000 bis 8 000 Mal pro Sekunde gerüttelt (Ultravibration), damit werden die Fettzellen aus ihrem Verband gelöst und können nach außen abgesaugt werden.

Unterschätzt werden sollte keine Methode hinsichtlich möglicher Komplikationen. Die Liposuktion kann, wenn schlampig gearbeitet wird und die Kanülen entweder zu tief oder zu oberflächlich eingeführt werden, zu unschönen Dellen – einer Supercellulite – führen. Weitere negative Nebenwirkungen können sein: Fettembolien, Thrombosen, Lungenödeme (Ernst, 2003; Lehner, 1999; http://www.novafeel.de/diaet/wundermittel.htm). Schmerzhafte Blutergüsse und Schwellungen müssen als normal hingenommen werden. Eine Liposuktion ist ein invasiver Eingriff – und nicht ganz unblutig. Als seriöser Mediziner sollte man dicke Menschen, die hoffen wie durch einen Lotto-Sechser zu dünnen zu werden, wieder nach Hause schicken, so der Arzt Michael Palatin im Profil im Jänner 2003. Eine seriöse medizinische Beratung und, wie oben erwähnt, im Zweifelsfall eine Nicht-Durchführung, sind das Um und Auf, wenn eine Liposuktion erwogen wird.

Geachtet werden sollte auf die (Fach)-Qualifikation der Ärztin/des Arztes. Verfügt die Ärztin/der Arzt über eine Ausbildung als plastische Chirurgin/plastischer Chirurg? Eine unüberlegten Tour in diverse Spezialkliniken, so entwickelte sich in den letzten Jahren sich ein wahres Schönheits-Chirurgie-Pilergtum in die ehemaligen Ostblockstaaten, ist mit Vorsicht zu genießen. Keinesfalls sollen hier die Leistungen des medizinischen Personals geschmälert werden (vergleiche Zahnbehandlungen), jedoch den Eingriff ausschließlich auf den Kostenfaktor zu reduzieren, ist mit einem gesundheitlichen Risiko behaftet (auch in Österreich!). Die Preise richten sich nach Methode und Aufwand; sie beginnen bei etwa 1 000 Euro und reichen bis über 5 000 Euro.

Magenband
Beim Magenband wird im oberen Drittel des Magens ein verstellbarer Kunststoff-Ring angebracht. Ein sogenannter Vormagen entsteht. Die Aufnahmemenge beträgt hier nur noch 20 bis 30 Milliliter. Die Nahrung landet zuerst in diesem Vormagen. Ein schnelles Sättigungsgefühl entsteht. Die Betreffenden können nur noch kleine Mengen an Nahrung zu sich nehmen und müssen diese gut kauen, damit sie in den restlichen Magen und weiter in den Dünn- und Dickdarm gelangen können. Die Verwendung des Magenbandes reicht von wenigen Monaten bis hin zu einem Leben lang. Zum Einsatz kommt das Magenband bei einem Body-Maß-Index über 40 (siehe Kapitel 5.2. Vom Wiegen und Messen) und wenn andere Maßnahmen keinen Erfolg zeigten. Der Eingriff dauert etwa ein bis zwei Stunden und wird in Vollnarkose durchgeführt. Vier bis fünf kleine Stiche in die Bauchdecke ermöglichen die Einführung der Spezialinstrumente. Ohne Ernährungsumstellung geht jedoch auch hier nichts. Wenn die Patientin, der Patient schlampig kaut, gelangen zu große Stücke in den Magen, was in Folge zu Magengeschwüren führen kann. Wer sich weiterhin mit Hochkalorischem voll stopft, wird ebenfalls keinen Erfolg vermelden können. Gezuckerte Limonaden, Eis, Schokolade Bier rutschen problemlos durch den Ring. Um die Ringbarriere zu durchbrechen, sind einige Menschen übrigens sehr erfindungsreich: sie pürieren energiereiche Mahlzeiten zu einem Brei, der problemlos durch den Ring rutscht.

Magenballon
Dabei handelt es um keinen chirurgischen Eingriff, denn bei dieser Technik wird ein Ballon aus Kunststoff oder Silikon mittels Gastroskopie (Magenspiegelung) in den Magen eingeführt. Der Ballon wird mit einer sterilen Kochsalzlösung aufgefüllt und bewirkt auf diese Weise, daß sich bei der Nahrungsaufnahme das Sättigungsgefühl schneller einstellt, weil durch den Ballon der Magen zusätzliche gedehnt wird. Der Durchmesser dieses Ballons ist groß genug, damit er nicht im Dünndarm oder in der Speiseröhre verloren geht. Da es sich um keinen operativen Eingriff handelt, ist der Magenballon eine entschärftere Variante. Ganz ohne Risiken ist sie hingegen nicht. So kann der Ballon nur für zirka sechs Monate im Einsatz bleiben. Es besteht durchaus das Risiko, daß der Ballon ganz oder teilweise im Darm verschwindet und im Falle eines Darmverschlusses eine Operation nach sich zieht. Außerdem kann der Ballon durch eine Schädigung seinen Inhalt verlieren, wodurch er erstens seine Wirkung verliert. Zweitens ist Plastik im Verdauungstrakt nicht ungefährlich. Durch die Dehnung können Druckschäden und Geschwüre im Magen auftreten. Es besteht das Risiko einer zusätzlichen Vergrößerung des Magenvolumens nach der Entfernung des – folglich tritt erst nach einer größeren Nahrungsaufnahme eine Sättigung ein und die Gewichtszunahme ist vorprogrammiert. Auch hier gilt: Ohne Ernährungsumstellung ist dem Unternehmen Magenballon kein dauerhafter Erfolg beschieden (vergleiche Langbein und Skalnik, 1998; Lehner, 1999; http://www.novafeel.de/diaet/wundermittel.htm).

4.2. Arzneimittel

Im folgenden sollen sich zur Zeit am häufigsten im Einsatz befindenden zwei Medikamente kurz besprochen werden.

Xenical
Xenical ist ein peripher wirkendes, rezeptpflichtiges Medikament, daß heißt es greift nicht in den Gehirn-Stoffwechsel ein. Der Wirkstoff dieses Arzneimittels ist Orlistat, welches die Pankreas Lipasen blockiert; Enzyme, die für die Fettspaltung notwendig sind. Die Folge: das Fett kann nicht vom Darm aufgenommen beziehungsweise verdaut werden. Das bedeutet jedoch nicht Bahn frei für ungehemmten Fettkonsum. Es wird darauf hingewiesen, daß täglich nur siebzig Milligramm Fett erlaubt sind, um keine unangenehmen Nebenwirkungen zu erleiden (vergleiche Langbein und Skalnik, 1998). Siebzig klingt relativ viel, jedoch ist die Ration bereits mit zwei kleinen Bratwürsten abgedeckt. Jedoch können damit die Menschen gezwungen werden, auf hohen Fettkonsum zu verzichten. Wer also mehr Fett konsumiert, erleidet Nebenwirkungen vor allem im Magen-Darm-Trakt. Ölige und fettige Stühle treten auf, meistens verspüren die Menschen einen Drang, sich sofort und auf der Stelle zu entleeren. Der Grund dafür scheint darin zu liegen, dass das unverdaut durch den Darm transportierte Fett die Konsistenz des Stuhls verändert – er wird fettiger und geschmeidiger. Offenbar kann der Darm jedoch nur ein gewisses Maß an unverdautem Fett bewältigen (Langbein und Skalnik, 1998, S. 41).

Prinzipiell baut das Xenical-Programm auf drei Säulen auf: Xenical, Ernährung und Bewegung. In manchen Fällen von den Ärztinnen und Ärzten zusätzlich Psychotherapie empfohlen. Die Einnahme sollte etwa drei bis sechs Monate dauern. Vorsicht ist geboten bei Personen, die zum Beispiel ein Gallenleiden aufweisen. Bei der sogenannten Cholostase (Gallenstauung) wird der Abfluß der Gallensäure in den Darm entweder durch Gallensteine oder durch einen Tumor verstopft. Die Gallenausscheidung ist beeinträchtigt, und folglich können Leberfunktion und Verdauung beeinträchtigt werden. Ausgeschlossen sind auch Personen, die an einem Malabsorptionssyndrom leiden (Duden, 1998; Langbein und Skalnik, 1998).

Reductil
Reductil wirk zentral, daß heißt es beeinflußt den Gehirn-Stoffwechsel, genaugenommen das Sättigungszentrum. Der Wirkstoff in Reductil ist Sibutramin. Dieser Stoff hemmt die Wiederaufnahme der neuronalen Botenstoffe Serotonin, Dopamin und Noradrenalin im synaptischen Spalt der Nervenzelle, somit schwirren diese Stoffe länger im synaptischen Spalt umher und verlängern derart die Sättigungswirkung. Wichtig ist zu erwähnen, daß MAO-Hemmer (Monoamin-Oxidase-Hemmer), die als Antidepressiva im Einsatz sind, nicht gleichzeitig mit Reductil eingenommen werden dürfen (vergleiche Kalat, 1995; Langbein und Skalnik, 1998). Die Wahrscheinlichkeit eines Serotonin-Syndroms wäre dadurch erhöht, welches sich durch zwei oder mehr Symptome wie Unruhe, Desorientierung, Pupillenerweiterung, Hypermanie, motorische Beeinträchtigung, unwillkürliches Zittern bis hin zum Verlust des Bewusstseins auszeichnet. Auch Personen mit Nieren – und Lebererkrankungen sollten erhöhte Vorsicht walten lassen, denn Sibutramin wird hauptsächlich in der Leber abgebaut, Reste davon in der Niere. Die Angst vor eine Abhängigkeit ist nicht ganz unbegründet. Reductil wirkt im Zentral-Nervensystem, bei längerer Einnahmedauer ist eine psychische Abhängigkeit nicht von der Hand zu weisen.

4.3. Gefährliches

Substanzen, die im zentralen Nervensystem wirken, weisen ein hohes Suchtpotential und andere gefährliche Folgeerscheinungen auf. Zu der bekanntesten Gruppe zählen die Appetitzügler. Obwohl seit etwa vier Jahren im EU-Raum verboten, sollen ihre Wirkungsweisen kurz im folgenden erwähnt werden. Denn ein offizielles Verbot bedeutet nicht, daß der Zugriff auf die Substanzen nicht doch möglich sind – ein Blick auf diverse Anbieterfirmen, die beispielsweise übers Internet agieren, macht die Verfügbarkeit sichtbar. Aber auch als harmlos bezeichnete Entwässerungs- und Abführmittel zählen zu jenen Substanzen, deren Einnahme nicht selten gesundheitsgefährdend ist.

Appetitzügler
Eines ist den Appetitzüglern gemein: Sie machen psychisch abhängig. Chemisch betrachtet lassen sich zwei Gruppen unterscheiden: Amphetaminderivate und serotoninhaltige Substanzen (http://www.inform24.de/mahlzeit.html).

  • Amphetaminderivate
    Amphetamine besitzen neben der Appetithemmung eine stimulierende Komponente im Zentral-Nervensystem. Die Auswirkungen ähneln jenen wie sie beim Kokain-Missbrauch auftreten. Ampethamine können die Blut-Hirn-Schranke passieren. Im Gehirn führen sie zur Ausschüttung von Noradrenalin und Dopamin, die zur Gruppe der Stresshormone zählen. Aus- und Nebenwirkungen: Euphorie, erhöhte Aktivität, gesteigerte Aufmerksamkeit, motorische Unruhe, Anstieg des Blutdrucks, gesteigerte Erregbarkeit, bis hin zu Angst- und Spannungszuständen. Weitere Auswirkungen reichen dabei von Herzrhythmusstörungen, Herzklopfen, Erregungszustände über Zittern zu schweren psychischen Suchterscheinungen (Langbein und Skalnik, 1998). Durch die Entwicklung von Derivaten (chemische Verbindungen, die aus einer anderen chemischen Verbindung entstanden sind) wurde der Versuch unternommen, vor allem dem Suchtfaktor entgegenzuwirken. Leider erfolglos. Zu den Produkten, die diese Amphetaminsderivate enthalten, zähl(t)en beispielsweise Substanzen mit dem Handelsnamen Adipex N (Wirkstoff Phentermin) oder Antidiapositum X112, Fugoa N, Regenon (Wirkstoff Nor[pseudo]ephredin) (Langbein und Skalnik, 1998). Sobald sie abgesetzt wurden, schnellte das Gewicht rasch wieder in die Höhe (R. Schoberberger, persönliche e-mail, 20.9.02). Nicht wenig Betroffene litten nach dem Absetzen an Depressionen.
  • Serotonhaltige Substanzen
    Dazu zählen die beiden Substanzen Fenfluramin und Dexfenfluramin. Diese wirken über eine Veränderung des Botenstoffes Serotonin auf das Sättigungszentrum im Gehirn. Die Folge ist eine geringere Nahrungsaufnahme, besonders von Kohlenhydraten (http://www.inform24.de/mahlzeit.html). Auch hier treten dieselben Nebenwirkungen auf wie bei den oben erwähnten Substanzen. Studien zeigten, dass 40 – 60 Prozent der Untersuchungsteilnehmerinnen und -teilnehmer, die Appetitzügler mit Fenluramin einnahmen, zusätzlich über Durchfall klagten. Hier traten nach dem Absetzen Depressionen bei vielen Personen auf. Produkte, die Dexfenfluramin enthalten beziehungsweise enthielten, waren unter dem Handelsnamen Isomeride in Österreich und Deutschland erhältlich. Bei der Einnahme traten Herzklappenfehler, Lungenhochdruck et cetera auf (vergleiche Göthert und Starke, 2001). 1997 wurden die Präparate aus dem Handel genommen (Langbein und Skalnik, 1998).

Entwässerungsmittel (Diuretika)
Mit Präparaten wie Biofax oder Bio Redan S, Zinnkrautextrakt oder Olivenblattpräparaten soll der Körper entschlackt werden und frau/man kann essen was sie/er will. Tatsache ist, daß das Fett damit sicher nicht weggeht. Das einzige was dabei verloren geht, ist eine große Menge Flüssigkeit. Blutverdickung kann eintreten, was die Gefahr einer Thrombose und eines Kollaps erhöht. Bei einer längeren Einnahme kann es zu Mineralstoffmangel kommen und der Elektrolythaushalt gerät aus dem Gleichgewicht, was vor allem für das Herz ein Problem darstellt – Herz-Kreislaufprobleme können beispielsweise die Folge sein (VKI, 2002). Der mögliche Kaliummangel kann weiters zu Wasserhaushaltsstörungen und Ödemen führen (Lehner, 1999).

Abführmittel (Laxantien)
Sie verhindern angeblich, daß sich die überschüssigen Kalorien anlegen, weil das Gegessene sowieso abgeführt wird. Bringen tun Abführmittel in Bezug auf Gewichtsreduktion rein gar nichts, denn da wo sie wirken, ist es sowieso schon zu spät – im Enddarm. Neben dieser Nicht-Gewichtsreduktions-Funktion, können Abführmittel jedoch durchaus gefährliche Nebenwirkungen haben – auch natürliche Abführmittel. Insbesondere bei chronischem Gebrauch treten Störungen des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes auf. Natriumverlust und infolge Kaliummangel können sich einstellen, der Darm wird abhängig und die Verdauung funktioniert nicht mehr ohne diese Mittel (Adam, Diener, Forth und Rummel, 2001; Lehner, 1999).

5. Wann ist abnehmen erforderlich?

Betrachtet frau/man diverse Anzeigen und Zeitschriften, so steht das Thema Gewichtsreduktion zumeist in einem ästhetischen und kaum in einem gesundheitlichen Kontext. Genau darin liegt häufig der Knackpunkt in der Beratung, wenn Leute nach Aspekten einer Gewichtsreduktion fragen. Speziell wenn sie objektiv betrachtet normalgewichtig sind, ist eine Maßnahme, die ausschließlich auf die Ernährung bezogen ist, zu kurzsichtig. Hier ist unter anderem auch das Selbstbild der Person zu hinterfragen. Wer hat Einfluß auf das Körperbild, wie steht es um das soziale Umfeld et cetera? Abgesehen von diesen Umständen, gibt es jedoch sehr wohl Kriterien, die eine Reduktion des Körpergewichtes notwendig machen. Wichtig sind zusätzlich vorbeugende Maßnahmen, um Übergewicht und daraus resultierende Krankheiten überhaupt zu vermeiden. Im folgenden werden einige dieser Aspekte skizziert. Ausgenommen davon sind Indikationen wie zum Beispiel bevorstehende Operationen, die ein rasches Abnehmen erfordern. Diese sinnvollen Crash-Kuren dürfen nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.

5.1. Gesundheitliche Aspekte

Mit zunehmendem Körpergewicht wächst die Wahrscheinlichkeit, an einer Begleit- und/oder Folgeerkrankung zu erkranken. Bei einer Gewichtszunahme von 10 bis 20 Kg steigt die Gesamtsterblichkeit bereits um 20% (Schoberberger et al., 2002, S. 11). Als häufigste Folgen einer zu großen Körperfülle werden genannt: Arteriosklerose (Verengung der Blutgefäße), Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen und folglich Herzinfarkt, Gehirnschlag (Zittlau und Kriegisch, 2000), weiters Diabetes Typ II. Übergewicht stellt eine enorme Belastung des Skelettes beziehungsweise der Gelenke dar. Nicht selten treten Knie- oder Wirbelsäulenschäden auf. Atemnot und mögliche Schwangerschaftskomplikationen zählen zu den weiteren Risikofaktoren (vergleiche Schoberberger et al., 2002).

5.2. Vom Wiegen und Messen

Welche Kriterien können nun zur Klärung herangezogen werden, ob abnehmen notwendig ist? Im folgenden sind allgemeine gesundheitliche Richtlinien sowie Messmethoden angeführt. Wichtig ist: Das Körpergewicht alleine sagt noch nichts über den Körperfettanteil aus. Die Kilos müssen immer in Relation mit anderen Parametern betrachtet werden. Zusätzlich unterliegt das Gewicht unterschiedlichen Schwankungen, beispielsweise kommt es bei Frauen kurz vor der Menstruation zu vermehrter Wassereinlagerung. Zu einer Zunahme an führt auch eine vermehrte körperliche Bewegung eine, da Muskeleiweiß aufgebaut wird. Der Hinweis auf eine Gewichtszunahme oder einen Gewichtsstillstand basierend auf den hier genannten Faktoren ist insofern relevant, da Abnehmwillige häufig wie besessen die Waage als Instanz heranziehen, die nach dem Sport, nach einem Saunabesuch oder dergleichen darüber richtet, wie brav die Betroffene/der Betroffene war. Die Folge ist nicht selten Frust, wenn sich trotz Bemühungen auf der Waage nichts tut oder es sogar zeitweilig zu einer Erhöhung des Gewichtes kommt. Außerdem ist es notwendig, sich immer zur selben Zeit auf die Waage zu stellen und immer dieselbe Waage zu verwenden.

Body Mass-Index (BMI)
Hierbei wird das Körpergewicht in Relation zur Körpergröße betrachtet. Die Berechnung erfolgt nach der Formel:

Wert Operator Verhältnis
BMI = Körpergewicht in kggeteilt durch


Körpergröße in m2

Bedeutung der BMI-Werte:

Mindestwert   Maximalwert Benennung
18,5 kg/m2 bis 24,9 kg/m2 Normalgewicht
25,0 kg/m2 bis 29,9 kg/m2 Übergewicht
30,0 kg/m2 bis 39,9 kg/m2 Schweres Übergewicht (Adipositas)
über 40 kg/m2 Extremes Übergewicht (morbide Adipositas)

Und auch hier gilt: die Angaben sind nur ungefähre Richtwerte und haben keine absolute Aussagekraft. Infos über den Fettgehalt erhält man dadurch nicht. Dieser kann mit der folgenden Methode gemessen werden. Der BMI wird nicht bei Kindern verwendet, dafür gibt es Wachstumstabellen.

Bioelektrische Impedanzanalyse
Bei dieser Methode werden an den Fuß- und Handknöcheln Elektroden angebracht. Dann wird mittels schwachem Wechselstrom der Anteil an Fett-, Wasser-, und Magermasse ermittelt. Eine Normierungstabelle, die nach Geschlecht und Alter aufgeteilt wird, bietet die passenden Referenzwerte.

Von Birnen und Äpfeln
Eine einfache Möglichkeit für die frau/man lediglich ein Maßband benötigt, ist die Ermittlung der Taillen-Hüft-Relation. Häufig tauchen die Begriffe Birnen- oder Apfelform auf. Erstere ist dadurch gekennzeichnet, daß sich das Fett um die Hüften drapiert und vor allem bei Frauen vorkommt (die sogenannte periphere oder gynoide Form). Bei der Apfelform findet sich die Fettmasse um den Bauch und kommt vorwiegend bei Männern vor (die sogenannte abdominale oder androide Form). Speziell die Äpfel werden als gefährlicher eingestuft, da hier relativ schnell Fettsäuren freigesetzt werden können und so ein Risiko für Folge- und Begleiterkrankungen darstellen.

Zwei Formen der Messung:
Verhältnis Taille-Hüfte:
Risikogruppen sind Frauen ab einem Wert von 0,85
Risikogruppen bei Männern ab einem Wert von 1,0

Taillenumfang:
Risikogruppen bei Frauen ab einem Wert von 88
Risikogruppen bei Männern ab einem Wert von 102

6. Sinnvolle Möglichkeiten zur Gewichtsreduktion

Fazit ist: Kasteiung, Mono-Diäten, Hungerkuren nutzen auf Dauer nichts. Realistisch ist eine Abnahme von einem halben Kilo in der Woche. Beim langsamen Abnehmen sind die Erfolgsaussichten auf dauerhaft weniger Köperfülle wesentlich größer. Problematisch ist weiters, daß bei vielen Diätvorschlägen die körperliche Bewegung und der psychische/soziale Aspekt zu kurz kommen. Eines der wenigen Konzepte, wo diese Komponenten vereint sind, ist Schlank ohne Diät, dessen Prinzipien in den folgenden Punkten ebenfalls eingeflochten sind. Jedoch soll in den kommen Abschnitten speziell beim Thema Bewegung keine Auflistung der Aktivitäten und ihres genauen Kalorienverbrauchs gegeben werden. Es geht hier auch nicht um eine detaillierte Darstellung der geeignetsten Form für einen möglichst effizienten Fettabbau. Vielmehr folgt ein Einblick in die Problematik mit der Dicke konfrontiert sind, wenn sie Sport machen wollen.

6.1. Körperliche Bewegung

Wichtig ist in der Phase des scheinbaren Stillstandes (vergleiche dazu Kapitel 2.1. Wasserfälle und Jo-Jo), daß nicht aufgegeben wird. Zwei Möglichkeiten, um dem reduziertem Grundumsatz entgegenzuwirken, sind, die Kalorienzufuhr zu senken und den Leistungsumsatz zu erhöhen. Den Leistungsumsatz steigern heißt, die körperliche Aktivität zu erhöhen. Das hat nicht nur den Vorteil, daß mehr Kalorien verbrauchet werden, sondern auch, daß Muskelgewebe aufgebaut wird. Somit wird der Gefahr des Abbaus von körpereigenem Muskelprotein entgegengewirkt. Das Um und Auf liegt im erhöhten Energieverbrauch durch Bewegung, in einer sogenannten negativen Energiebilanz: es wird dem Köper weniger Energie zugeführt, als er benötigt.

In der Praxis zeigt sich, daß übergewichtige Menschen von sportlichen Aktivitäten häufig abgeschreckt werden. Sie lassen sich demotivieren, wenn sie erfahren, wie lange sie beispielsweise mit dem Rad fahren müssen, um ein Gramm Körperfett abzubauen. Schlanke, stramme und perfekt ausgestattete, trendige Menschen auf im Fitnesscenter lassen so manches Schwergewicht vor dem Eingang kehrt machen. Schwabbelige Bäuche, Schwitzen, das Zunge-bis-zum-Boden-Hängen-Lassen gehören da nicht zum Aushängeschild von Fit und Co. Kilometerlanges Joggen ist auch nicht jederfraus/jedermanns Sache. Für viele Übergewichtige ist es eine unüberwindbare Hürde, sich im Badekostüm zu zeigen, obwohl Schwimmen und Wassergymnastik tatsächlich sehr gute, gelenkschonende und weniger schweißtreibende Methoden sind. Gesamt betrachtet: Barrieren, an die kaum gedacht wird, deren Kenntnis jedoch in der Zusammenarbeit mit Übergewichtigen notwendig ist, wenn das angestrebte Ziel erreicht werden soll.

Extra-Sport ist oft schwer integrierbar in den Alltag. Für viele ist es zeitlich nicht möglich, daß sie sich dreimal in der Woche ins Fitnesscenter begeben, die Badesachen packen oder sich aufs Rad schwingen – nur zum Spaß. Nicht selten wird die Zeit für sportliche Aktivitäten als verschwendet erlebt. Die Menschen geben alles Mögliche als Grund an, warum sie nicht regelmäßig trainieren können, vor allem Zeitmangel wird immer wieder genannt. Ich glaube aber, der wahre Grund ist ein anderer: Sie wollen nicht sinn- und ziellos auf einem Standfahrrad strampeln, während zu Hause die Arbeit, die Kinder oder sonstige Aufgaben warten, so William Morgan von der Universität of Wisconsin-Madison (zitiert nach Nuber, 2002, S. 28). Die meisten Menschen bleiben dann in Bewegung, wenn ihre Bewegung zielgerichtet ist und einem Zweck dient. Man spricht hier vom Faktor P (Purpose): spazierengehen, weil der Hund raus muß, in der Mittagspause zum Supermarkt gehen, um den Einkauf zu erledigen. Kann die körperliche Bewegung mit etwas Nützlichem verbunden werden, dann wird sie nicht als Zeiträuberin erlebt. Nicht zu unterschätzen ist der Kalorienverbrauch beispielsweise bei der Hausarbeit, wo doch einiges an Bewegung zusammenkommt: Staubsaugen, bügeln, Fensterputzen et cetera. Alltagstauglich sind auch Empfehlungen wie Treppensteigen statt mit dem Lift oder der Rolltreppe zu fahren, eine Busstation früher aussteigen. Frau/man muss herausfinden, welcher Bewegungstyp sie/er ist – einzeln oder in Gruppen, zu fixen Zeiten oder flexibel, joggen oder wandern.

6.2. Psychische Fitmacher

Wie schon mehrmals erwähnt, sollte das Hauptaugenmerk nicht ausschließlich auf dem Essen liegen. Es geht darum in der Beratung zu klären, welchen persönlichen Stellenwert und welche Bedeutung Ernährung hat, welche heiklen Situationen es gibt (sich zum Beispiel von anderen zum Essen überreden lassen) und ob überhaupt die Motivation besteht abzunehmen (vergleiche Schoberberger et al., 2002). Der Austausch mit Gleichgesinnten und/oder die Begleitung durch eine Psychotherapeutin/einen Psychotherapeuten können zusätzliche Unterstützung bieten. Im Anschluß an diese beiden Punkte finden sich exemplarisch zwei Stolpersteine beim Abnehmen und Anregungen wie sie umgangen werden können.

Selbsthilfegruppen
Diese stellen eine gute Möglichkeit dar, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen erlebt haben. Einen weiteren Vorteil stellt die Niederschwelligkeit vieler Selbsthilfegruppen dar. Zumeist sind keine Anmeldungen notwendig. Die Betroffenen müssen keine Formulare, Anträge und dergleichen ausfüllen, um mitmachen zu dürfen. Auf Wunsch ist Anonymität gegeben. Eine regelmäßige Teilnahme steht frei – keine Sanktionen bei Nichterscheinen. Die Treffen sind entweder kostenlos oder finden zu einem sehr kostengünstigen Tarif statt.

Psychotherapie
Eine gute Methode bietet beispielsweise die Verhaltenstherapie. Ziel ist es, grob gesprochen, den problematischen Umgang mit Essen umzulernen, wobei verschiedene Instrumente zu Verfügung stehen. Dazu zählen beispielsweise die Stimuluskontrolle, Selbstbeobachtung, Selbstverstärkung oder Training sozialer Kompetenzen (Hautzinger und Kaul, 1978; Linden und Hautzinger, 1993).

Stolperstein 1: Noch ein Häppchen…?
Was tut frau/man, wenn sie/er in eine Situation kommt, wo Nahrungsmittel und/oder Getränke angeboten werden, die den eigenen Essensplan durchkreuzen? In Schlank ohne Diät werden diese Übungen Konstruktives Ablehnen genannt. Das bedeutet, die betreffende Person überlegt einerseits ihre eigenen Argumente, um ihrem Wunsch nach Nicht-Konsumieren Ausdruck zu geben. Andererseits überlegt sich auch Angebote, um das Gespräch konstruktiv verlaufen zu lassen. Übrigens keine gar so leichte Aufgabe, wenn die/der andere mit der Aufforderung kommt: Essen Sie nichts mehr? Schmeckt es Ihnen etwa nicht? oder Bitte essen Sie diesen Happen noch. Er verdirbt sonst. Um so wichtiger ist das Üben des Konstruktiven Ablehnens, um nicht zwischen Erklärungsnot und Verführung hin- und her gerissen zu werden.

Stolperstein 2: Buffeteffekt
Ein Möglichkeit, um das Sättigungszentrum im Gehirn zu überlisten, ist die Geschmackssensoren schneller zu langweilen. Das gelingt unter anderem damit, die Speisenauswahl bei einer Mahlzeit möglichst variationslos zu gestalten. Das bedeutet nicht, jeden Tag dasselbe Essen auf dem Teller haben und sich wochenlang nur von bestimmten Nahrungsmitteln zu ernähren. Vielmehr geht es darum, Gemischtes zu vermeiden. Beim Buffeteffekt ist die Versuch groß, von jeder angebotenen Speise nur ein bisschen zu kosten – die Menschen essen mehr und über den Hunger hinaus. So konnte in einem Experiment festgestellt werden, dass die Versuchspersonen weniger von dem angebotenen Joghurt aßen, wenn nur Erdbeer-. Himbeer- und Kirschsorten zur Auswahl standen, die sich in Farbe, Geschmack und Konsistenz ähnelten. Wurden die Joghurts variiert, stieg die Nachfrage der Testpersonen (Nuber, 2002).

7. Zusammenfassung

Ein Blick auf den Wundermittelmarkt und dessen Kuriositäten zeigt: Aufklärung tut nach vor Not. Neben dem finanziellen (viel Geld für null Effekt) muss immer wieder auf den gesundheitliche Aspekt (viel Geld für schädliche Wirkungen) hingewiesen werden. Menschen, die auf die diversen Werbetricks hereinfallen – und diese sind teilweise äußerst trickreich und schwer zu durchschauen – sind keinesfalls immer dumm oder blind leichtgläubig. Nicht wenige haben richtiggehende Diät-Odysseen hinter sich, anfängliche Erfolge schlugen in Frustration um, weil sich auf der Waage nichts mehr tut. Die Werbung hält also nicht was sie verspricht und fünf Kilo in fünf Tagen weniger können schnell zu 10 Kilo in einem Monat mehr werden.

Wer dauerhaft abnehmen möchte, muß diesen Weg langsam angehen. Körperliche Bewegung, gesunde Ernährung, persönliche Methoden, um mit sozialen und psychischen Umständen gut umgehen zu können sind keine Konzepte die kurzfristig wirken. Vielmehr sollen sie zu einem lebenslangen Motto gemacht werden.

8. Literaturverzeichnis

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Zittlau, J. & Kriegisch, N. (2002). Praxisbuch der gesunden Ernährung. Iß dich fit. München: S&uum

Adipositas – Verhaltenstherapeutischer & frauenspezifischer Behandlungsansatz

© Petra Öllinger, 1998/1999

1. Einleitung

„Frau S. ist eigentlich – ziemlich dick. Bei 163 Zentimetern Größe wiegt sie nämlich – je nach „Tageszustand“ – zwischen 82 und 84,5 Kilo. Um 20 Kilo zu viel. Und das ist eben wirklich zu viel. Frau S. weiß das auch.“

Dieser Auszug eines Artikels einer österreichischen Tageszeitung, der im Sommer 1998 erschienen war, warf für mich einige Fragen auf. Außerdem erhöhte er meine Skepsis bezüglich Expertenwissen, wenn es sich um das Thema Ernährung handelt.
Warum muß schon wieder eine Frau als Beispiel dienen?

Sind 20 Kilo zu viel wirklich zu viel? Wenn Frau S. weiß, daß sie Übergewicht hat, bedeutet das auch, daß sie darüber unglücklich ist? Der Text impliziert diese Annahme. Woher kommt dieses Wissen von Frau S.?

So legten Fachleute u.a. den Broca-Index fest, das Normalgewicht entspricht dabei der Körpergröße minus 100. Weiters wurde der Body-Maß-Index als gängiges Orientierungsmaß definiert. Berechtigt dies aber auch die Annahme, daß jede Frau, die nicht den Normwerten entspricht, nicht stimmt?

Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, daß starkes Übergewicht ein gesundheitliches Risiko darstellt. Die Gelenke werden belastet, hohen Blutdruck, Herzkrankheiten werden hervorgerufen.
Doch möchte ich in dieser Arbeit nicht die körperlichen Beschwerden in den Vordergrund stellen. Die Idee ist vielmehr psychologische Hintergründe für das eßsüchtige Verhalten von Frauen darzustellen und wie dieses Verhalten mittels Psychotherapie modifiziert werden kann. Aufgrund des weiten Spektrums der Entstehungsursachen und Behandlungsansätzen, kann ich mich im Rahmen einer Seminararbeit nur auf einen kleinen Ausschnitt beschränken.

Mir ist bewußt, daß ein Großteil der Ursachen für die rapide Zunahme von Eßstörungen bei Frauen zum Beispiel in der Sozialisation, im Umgang der westlichen Gesellschaft mit dem weiblichen Körper zu suchen sind.
Im Kapitel mit dem Titel „Willkommen auf dem Kuriositätenmarkt“ soll deshalb auch kurz ein Einblick in die zum Teil absurde Welt der Abmagerungstechniken gegeben werden und wie deren Vermarktung im Medienbereich forciert wird.

Einen Schwerpunkt bildet in meiner Arbeit der verhaltenstherapeutische Bereich. Weiters beziehe ich auch den Ansatz von Susi Orbach mit ein, die sich im Rahmen einer feministischen Therapie mit dem Thema Eßstörungen beschäftigt.
Ich versuche dabei die Kritikpunkte miteinfließen zu lassen, die sich speziell für „dicke“ Frauen in einer Therapie ergeben können. Theoretisch und praktisch konfrontiert mit dieser Problematik, zeigte sich für mich oft sehr deutlich, daß ein verhaltenstherapeutischer Vorschlag zwar auf den ersten Blich durchaus vernünftig und erfolgversprechend klingt, aber beim Umsetzen in die Praxis oft eine Reihe von Komplikationen mit sich bringt, wenn frau versucht sie in ihrem Lebensraum umzusetzen.

2. Warum eine Therapie?

Diätspezialisten und Ärzte können mit einer Vielzahl an Angeboten zur Ernährungsumstellung aufwarten.

Hauptaugenmerk wird dabei auf das Kalorienzählen, die ausgewogene Zufuhr von Nahrungsmitteln, zum Teil auch auf Bewegungsprogramme gelegt.
Kaum aber wird der Frau das Gefühl vermittelt, daß sie eigentlich die Expertin ist, was ihren Körper betrifft. Sie muß sich an von außen vorgegebene Richtlinien orientieren.

Oft sind die Gesundheitskonzepte des Arztes und der Frau so unterschiedlich, daß kein Konsens gefunden wird.

Für eßsüchtige Frauen hat aber Essen nicht nur den Sinn, dem Körper Energie zuzuführen, sondern es ist vor allem emotional besetzt.
Vielleicht schaffen es einige tatsächlich an Gewicht zu verlieren, langandauernd ist der Erfolg allerdings nicht.
Die Frauen befinden sich in einem Teufelskreis in dem sie zwischen striktem Fasten bzw. Diäthalten und Freßanfällen pendeln.

Dem zugrundeliegenden Problem wird mit Diätplänen nicht beigekommen.

„Für Frauen ist Essen mit einem solchen Wust von Bedeutungen behaftet, daß es schlichtweg unsinnig ist, eine Methode zur Gewichtsabnahme auf Kalorien oder Kohlehydrate zu gründen.“ (Susi Orbach, 1997, S.14).
Auf der einen Seite herrscht der Wunsch schlank zu sein, eine schöne Figur zu haben.
Die Gleichung Anerkennung, Erfolg, Geliebtwerden = schlank geht jedoch nicht auf, obwohl sie als Ziel definiert wird.

Somit begeben sich die Frauen auf der anderen Seite immer mehr in den Sog des rigiden Eßverhaltens.

Zwar gilt die Frau als traditionelle Zubereiterin von Nahrung, das Essen selbst ist dann allerdings für andere da. Versorgt werden zuerst andere, dann kommt sie an die Reihe.
Ein weiterer wichtiger Grund, warum viele Frauen das Gefühl haben, Essen nicht kontrollieren zu können, liegt darin, daß sie ihren Körper als fremd erleben.
Gefühle wir Hunger und Sättigung werden von ihnen nicht empfunden. Nahrung dient als Ersatz, als Rückzugsmanöver, als Trost, als Suche nach Anerkennung.

In der Verhaltenstherapie besteht u.a. das Ziel darin, herauszufinden, welche Bedeutungen Essen für die einzelne Frau hat und welche Gefühle damit verbunden sind.
(Orbach, 1997)

Kriterien für Adipositas als „psychisches Krankheitsbild“ finden sich weder im ICD 10 noch im DSM III-R bzw. DSM IV.
Das bedeutet, daß die Behandlung noch immer zum größten Teil in den Händen von Medizinern liegt, die versuchen auf körperlicher Basis zu intervenieren.

Der operative Eingriff mag zwar bei extrem übergewichtigen Personen gerechtfertigt sein, da eine große Gewichtsabnahme auf herkömmlichem Weg nicht möglich ist (jedoch sollte auch hier große Vorsicht geboten sein, da oft schwere Komplikationen auftreten können).
Weiters reicht das Angebot von Kieferverklammerungen, wobei die betroffene Person nur mehr flüssige Nahrung aufnehmen kann, das Sprechen ist dabei fast unmöglich bis hin zu
Magenbändern und Magenballons, die ein schnelles Sättigungsgefühl hervorrufen sollen.

Besonders „beliebt“ ist die Liposuktion, die Fettabsaugung, die nicht nur bei übergewichtigen Frauen durchgeführt wird.
Weiters zählen zu den Behandlungsmethoden auch die Verabreichung von Substanzen (zumeist Hormonen), die den Energieverbrauch stimulieren oder die Energieaufnahme reduzieren oder auch medikamentöse Therapien.

Welche körperlichen Beurteilungskriterien gibt es, um Adipositas zu diagnostizieren?
Body-Mass-Index: Körpergröße in Meter zum Quadrat dividiert durch Gewicht, von Adipositas spricht man bei einem Index >30.

Broca-Index: Das Normalgewicht ergibt sich dabei aus der Körpergröße in Zentimetern minus 100, das Idealgewicht bei Frauen reduziert sich dabei nochmals um 15%, bei Männern um 10%.
Kalibibrierung: dabei handelt es sich die Hautfaltenmessung am Trizeps, Thorax, unter dem Schulterblatt und der Bauchfalte.

3. Methoden in der Verhaltenstherapie

Wichtig ist den Frauen zu verdeutlichen, daß sie ihr Gewicht nicht blitzartig oder sogar im gewünschten (und oft in viel zu hohem Maß erwarteten) Ausmaß verlieren werden.

Effizienter scheint es zu sein, nicht die Gewichtsreduktion in den Mittelpunkt der Therapie zu stellen, sondern der Frau einen Zugang zu ihren emotionalen Bedürfnissen zu vermitteln und eine Beziehung zu ihrem Körper aufzubauen, der ihnen oft fremd ist.
Weder gilt es, dem Körper und den überschüssigen Kilos den Kampf anzusagen noch das In-sich-Hineinstopfen als schlecht abzuurteilen.
Dieses Verhalten war jahrelang Bestandteil des Lebens und stellte für die Frau eine für sie berechtigte Möglichkeit dar Konflikten auszuweichen, Trauer, Wut usw. nicht zulassen zu dürfen.
Sie ist deswegen kein minderwertiger oder willensschwacher Mensch.

Die Bestandteile der Verhaltenstherapie zur Kontrolle von Fettleibigkeit werden im folgenden angeführt. Zum Teil mögen sie den Eindruck vermitteln, daß sie nur simple Umgangsmöglichkeiten mit dem Essen vermitteln. Tätigkeiten, die für einen Menschen ohne Eßprobleme als völlig normal zum Alltag erlebt werden.
Aber gerade darin liegt der große Vorteil, daß die Modifikation des Verhaltens mit dem alltäglichen Leben gekoppelt wird.

Für viele Frauen ist es eine große Hilfe, quasi mit einem Notpaket ausgestattet zu sein, wenn sich zum Beispiel der nächste Eßanfall ankündigt.
Oft stellen Situationen des täglichen Lebens Stolpersteine für die Betroffenen dar.
So kann das Einkaufen in einem Supermarkt schon zu einem Hasardspiel werden, wenn es darum geht, nicht in alte Verhaltensmuster zu geraten.

a) Selbstbeobachtung

Anhand eines Tagebuches oder eines Tagesprotokolls wird vermerkt, was gegessen wurde, in welcher Menge, wann, wo und in welcher Stimmung.
Diese Art von Selbstbeobachtung erfordert viel Aufmerksamkeit. Wer jemals ein solches Protokoll nur eine Woche lang ausgefüllt hat, weiß wie mühselig es zum Teil werden kann, jeden Bissen zu vermerken.
Jedoch soll damit für die Frau ein erster Zugang zur Bedeutung, die Nahrung für sie hat, eröffnet werden.
Durch bloßes Fragen ist es oft nicht möglich, wichtige Punkte zu eruieren.

Oft ist ihr gar nicht bewußt, daß sie zum Beispiel einen Schokoladeriegel ißt, weil sie sich über jemanden geärgert hat.
Das Protokoll bzw. das Tagebuch sind ein erster Ansatz, um an die verschütteten Emotionen heranzukommen.

b) Stimuluskontrolle

Mittels Stimuluskontrolle soll die Frau einen neuen Umgang mit dem Essen erlernen.
Dazu gehören unter anderem auch Techniken und Tricks, die ein bereits oben erwähntes Notfallpaket darstellen.
Als sehr hilfreich hat sich bewährt, wenn frau in dem Moment, in dem sie dazu neigt, Lebensmittel unkontrolliert in sich hineinzustopfen, für ein paar Minuten einen inneren Dialog führt.
Susi Orbach (1997) führt in ihrem Arbeitsbuch eine Möglichkeit an, wie die Frau in sehr liebevoller Weise mit sich selbst umzugehen lernt, in dem sie im Zwiegespräch mit ihrem Innern feststellt, was sie eigentlich möchte.

Die Frau ist dabei die Expertin, was ihre Empfindungen betrifft, nicht die Therapeutin/der Therapeut.

Änderung des Eßverhaltens

Nur zu bestimmten Zeiten essen
Keine Zwischenmahlzeiten
Nur an einem bestimmten Ort essen
Die Bissen länger kauen, das Besteck dazwischen zur Seite legen, damit verhindert man ein unangenehmes Völlegefühl, das durch hastiges Hinunterschlingen hervorgerufen wird. Sättigung tritt erst nach ca. 20 Minuten auf. Wird langsam gegessen, dann können auch nicht mehr riesige Mengen verschlungen werden, es reichen kleinere Portionen, um satt zu werden.

Änderung des Einkaufsverhaltens

Eine Einkaufsliste anfertigen, nur die darauf vermerkten Lebensmittel werden gekauft.
Nie mit leerem Magen einkaufen gehen.
Nur soviel Geld einstecken wie für den Einkauf benötigt wird, somit wird die Gefahr gemindert, der Versuchung zu erliegen eine Tafel Schokolade mitzunehmen, da es sich eben noch ausgeht finanziell.

Versuchungssituationen, die für eine Frau, die Schwierigkeiten mit dem Umgang mit Essen hat, lauern beinahe überall. Sei es ein Würstelstand, an dem sie auf dem Heimweg vorbei muß, die Bäckerei an der Ecke. Einladungen zu einem Fest, einem Essen stellen das Durchhaltevermögen immer auf eine harte Probe.

Potentiellen Gefahrensituationen aus dem Weg gehen, das kann durchaus sein, daß es speziell am Beginn sinnvoll ist, einen Umweg zu machen, um nicht an dem besagten Würstelstand vorbeizukommen.
Das bedeutet nicht, daß die Frau nun vor all diesen Situationen fliehen soll, es stellt nur eine Erleichterung dar.
Den eigenen Standpunkt klar darlegen, um bei Einladungen nicht den Argumenten anderer zu erliegen.
Bemerkungen wie „Aber Sie sind doch gar nicht so dick.“ Oder „Ein kleines Stück von dem Kuchen schadet der Figur sicher nicht.“ können jemanden durchaus versuchen, alle Vorsätze über Bord zu werfen.

In Übungsdiskussionen soll gelernt werden, wie man seine Einstellung am besten vertreten kann.
Eine Versuchung kann aber auch eine Situation darstellen, in der die Frau eine Fehlinterpretation ihrer Körperreize vornimmt.
Langeweile, Ärger, Wut, Trauer, Freude werden dann mit Hunger gleichgesetzt. Essen soll nun durch andere Handlungen ersetzt werden.
Dabei gilt es folgende wichtige Punkte zu beachten:
Der Ersatz muß sofort möglich sein, er muß der Situation gerechter werden als Essen, er darf auch nichts mit Nahrung zu tun haben.

c) Positive Verstärkung und Belohnung

Um sich selbst belohnen zu können, ohne daß dabei Essen im Spiel ist, soll die Frau herausfinden, was ihr Spaß macht. Das können Kleinigkeiten sein wie, ins Kino gehen, ein Buch lesen, ein entspannendes Bad nehmen.
Zu Beginn mag es durchaus schwierig sein, solche Aktivitäten für sich zu finden. Denn bis jetzt waren die Glücksmomente gleichzeitig mit Nahrung verknüpft.

Formal kann die Grundlage für Belohnung ein Selbstbewertungsbogen bilden.
Dabei werden Punkte in der Höhe vergeben, je nachdem, ob man das Tagesziel erreicht hat oder nicht .
Für eine bestimmte Anzahl gibt es dann eine bestimmte Belohnung.
10 Punkte ergeben dann zum Beispiel einen Kinobesuch.

d) Miteinbeziehung der Umgebung

Die Effektivität im Erlernen eines neuen Umgangs mit Lebensmittel wird erhöht, wenn auch die Familie, der Partner/die Partnerin, KollegInnen usw. miteinbezogen werden.
Sie können die Frau unterstützen, in dem sie sie zum Beispiel loben für ihren Entschluß und jeden Erfolg.
Der Frau ist ganz sicher nicht geholfen damit, wenn ihr gesagt wird, sie soll doch so bleiben, wie sie ist, sie ist doch in Ordnung so.
Bedürfnisse sollen definiert werden.
Hilfe und zusätzliche Unterstützung kann die Frau auch in Selbsthilfegruppen finden.

Unter Gleichgesinnten ist es oft eher möglich, Verständnis für die eigenen Anliegen zu finden.

e) Körperliche Aktivitäten

Zum einen soll der Kalorienverbrauch erhöht werden. Doch sollte nicht nur darauf das Hauptaugenmerk gelegt werden.
Denn liegt der Zweck der körperlichen Betätigung nur darin, Fett abzubauen, ist der Versuch ziemlich schnell zum Scheitern verurteilt.

Die Frau soll ihren Körper neu erleben können, Spaß an der Bewegung haben und nicht im Hinterkopf immer berechnen müssen, wieviele Kalorien sie bereits verbrannt hat. Vielleicht geht sie gerne im Wald spazieren oder schwimmen.
Welche Möglichkeit nun in Betracht kommt; diese Frage ist zum Teil gar nicht so leicht zu beantworten.
Vor allem dann, wenn man sich folgende Situation vor Augen hält:
Wer schon einmal einen Blick in ein Fitneßstudio geworfen hat, wird feststellen, wie adrett die Fitneßlehrerin plus ihrer Schülerinnen ist. Da wird im schicken Outfit Step-Aerobic und vieles andere betrieben. Fitneß, Attraktivsein stehen im Vordergrund.

Ich bezweifle sehr stark, daß eine Frau, die mit ihrem 20 oder 30 Kilos mehr, versucht da mitzumachen, sich ziemlich fehl am Platz fühlt und wohl nach der ersten Stunde frustriert das Studio verläßt, um auch ganz sicher nicht wieder zu kommen.
Genauso verhält es sich eventuell bei einem Besuch in einem Schwimmbad, wo die Frau noch viel ungeschützter ihren Körper zur „Schau“ stellt.

Es zeigt sich also hier ganz besonders deutlich, daß die Befolgung des so leicht formulierte Vorschlages: „Bewegen Sie sich doch einfach mehr.“ mit etlichen Schwierigkeiten verbunden sein kann.

Eine Erleichterung ist, wenn die Frau vielleicht mit einer Freundin etwas unternimmt oder Kontakte in einer Selbsthilfegruppe knüpft.

f) Kognitives Umstrukturieren

Unrealistische Ziele sollten vermieden werden. Dazu gehört zum Beispiel eine möglichst hohe Gewichtsreduktion in kurzer Zeit zu erreichen. Solche Versuche sind unweigerlich zum Scheitern verurteilt.
Sachliche Informationen darüber, in welchem Rahmen eine Gewichtsreduktion erfolgen kann (realistisch ist dabei ca. 1 Kilo pro Woche) und welche Faktoren noch eine Rolle spielen, können helfen, überhöhte Ansprüche zu modifizieren.

Negative Gedanken sollen erkannt werden. Dies kann auch anhand des Essenprotokolls geschehen, wenn die Frau die Stimmungen erfaßt.
Aussagen wie „Das schaffe ich nie.“ können zu „Langsam, Schritt für Schritt wird es mir gelingen, mein Gewicht zu reduzieren.“ umformuliert werden.

g) Umgang mit Rückschlägen

Unweigerlich ist beinahe jede Frau nach einem guten Start mit einem Rückschlag konfrontiert. Die anfängliche Euphorie, es zu schaffen, droht umzuschlagen in Kapitulation, in Selbstvorwürfen.
Deshalb ist es absolut notwendig, die Frau schon zu Beginn darauf aufmerksam zu machen, daß es völlig normal ist, in das alte Verhaltensmuster zu geraten.
Schließlich hat sie diese Form mit Lebensmittel umzugehen, oft viele Jahre ihres Lebens begleitet und kann nicht von einem Tag auf den anderen geändert werden.
Sie ist keine Versagerin, der es nie gelingen wird, ihr Ziel zu erreichen. Vielmehr sollte sie ihren Rückfall als Chance nützen herauszufinden, was der Auslöser dafür war, somit kann sie nur mehr davon profitieren.

Eine interessante Verknüpfung aus den Gedanken, die die Frau während des Eßanfalls hatte und dem Geschmack der Speisen, die sie zu sich genommen hat, bietet Susi Orbach in einer Übung, die sie „Wie Du einen Freßanfall unterbrechen kannst“ betitelt (Orbach, 1997).
Die Frau soll dafür sensibilisiert werden, ob es ihr dabei auf den Geschmack der Speisen angekommen ist, oder ob sich dabei um Nahrungsmittel handelte, die sie sich selber verboten hat.
Essen wird also nicht als ein Faktor dargestellt, den es zu bekämpfen gilt, sondern als nützlicher Hinweis darauf, welches Problem eventuell ansteht.

Indem ihr empfohlen wird, während eines Anfalles kurz innezuhalten und sich zu überlegen, was sie in diesem Moment lieber machen würde, besteht darin eine Chance, den Eßanfall zu unterbrechen.

Für viele Frauen stellt es schon eine Erleichterung dar, wenn sie sich selbst die Erlaubnis geben dürfen, daß sie sich alle Speisen genehmigen können, die sie möchten, zu jeder Zeit.
Dadurch wird der Druck gemildert, kein verbotenes Lebensmittel zu essen. Das gierige Hineinschlingen stellt oft die Folge dieses rigiden Verhaltens dar.

Orbach (1997) zeigt anhand des Beispiels von Sara und ihrem Verhältnis zu „Armen Rittern“, einer Süßspeise sehr gut wie ein ungezwungenerer Umgang gelernt werden kann.

So konnte Sara herausfinden, daß sie sich häufig gerade dann überaß, wenn es Arme Ritter gab. Sie schmeckten ihr so gut, daß sie einfach nicht mehr aufhören konnte. Als sie den Gründen dafür nachging, wurde ihr klar, daß sie nur selten Arme Ritter machte und deshalb so viele davon in sich hineinstopfte, weil sie nicht wußte, wann sie diesen Geschmack wieder genießen würde. So hatte sie zu den Armen Rittern ein im Minirahmen zwischen Hungersnot und Freßorgien hin- und herschwankendes Verhältnis aufgebaut.

Nachdem sie erst einmal erkannt hatte, was los war, beschloß sie, dieses Gericht öfters zu kochen, mit dem Ergebnis, daß sie nicht mehr den Drang verspürte, es so gierig in sich hineinzuschlingen. (Seite 36)

3.1. Erfolgsaussichten

Es stellt sich die Frage, inwieweit Verhaltenstherapie eine dauerhafte Änderung der Eßsucht einer Frau bewirkt. Sie mag zwar im Rahmen einer Therapie neue Verhaltensweisen gelernt haben, wie weit es für sie aber möglich ,sich nicht mehr dem Druck aussetzen zu müssen, daß Schlanksein automatisch mit Attraktivität, Lebensqualität und Zufriedenheit gleichgesetzt wird?

Je nachdem ob kurzzeitige, mittel- oder langfristige Erfolge untersucht werden, ergeben sich unterschiedliche Ergebnisse. Woran wird der Effekt einer Therapie gemessen? In den meisten Studien orientieren sich die Resultate am Faktor Gewichtsverlust bzw. Gewichtsstabilisierung.

Im Durchschnitt dauert die Therapie, wenn sie stationär durchgeführt wird, 8-12 Wochen. In der Regel beträgt der Gewichtsverlust ca. 4-5 Kilo.

Erfahrungsgemäß zeigt sich aber, daß Therapien oft viel länger dauern, da die Entstehungsgeschichte aufgedeckt wird und erst nach und nach ein Lernprozeß in Gang gebracht werden kann. Der „falsche“ Umgang mit Essen ist bei vielen Menschen mit Eßstörungen nicht das eigentliche Hauptproblem, sondern nur ein Symptom.

Bei einigen Frauen wird das Problem Eßsucht oft erst nach einiger Zeit zum Thema gemacht, denn vielfach kommen sie wegen anderer Gründe in die Therapie.

Wilson und Brownell (1980, zitiert nach Paul & Jacobi, 1989) kamen nach einer Durchsicht von mehr als 100 Therapiestudien zu folgenden Ergebnissen:
Der erreichte Gewichtsverlust liegt bei durchschnittlich 11 Pfund oder 1-2 Pfund pro Woche. Relativ wenige Patienten (vielleicht 25% ) nehmen nach Beendigung der Therapie noch weiterhin ab. Der durchschnittliche Gewichtsverlust kann in der Regel nicht länger als 1 Jahr gehalten werden. Es besteht eine große interindividuelle Variabilität bezüglich des Gewichtsverlusts. Prädiktoren für den Abnahmeerfolg lassen sich nicht feststellen. Verhaltenstherapeutische Maßnahmen haben die Drop-out-Raten deutlich gesenkt.Verhaltenstherapeutische Maßnahmen erhöhen das psychische Wohlbefinden.

4. Frauenspezifische Ansätze

Im vorigen Kapitel wurden schon einige frauenspezifische Problembereiche erwähnt, die im Rahmen der Therapie für Eßstörungen auftauchen.
Exemplarisch möchte ich noch drei weitere Aspekte aufgreifen, die u.a. auch Erwähnung in dem schon bereits einige Male erwähnten Buch von Susi Orbach finden.

Naomi Wolf schildert in ihrem Buch „Der Mythos Schönheit“ zum Teil auf sehr drastische Weise, wie Frauen das Vertrauen in ihre emotionalen und körperlichen Bedürfnisse verlieren bzw. gar nicht die Möglichkeit haben dies zu entwickeln.

a) Frauen sind ihrem Körper entfremdet

Besonders fällt auf, daß Frauen, die ein suchtartiges Eßverhalten aufweisen, oft erwähnen, daß sie sich zweigeteilt erleben. Auf der einen Seite haben sie ihren Kopf, der alles reguliert, auf der anderen Seite ist der Körper, den sie aber nicht als zu sich gehörend erleben, sondern vielmehr als einen Teil, der unbedingt kontrolliert werden muß.

Der Körper einer Frau ist grundsätzlich immer verbesserungswürdig.
Der Busen ist zu groß, der Bauch zu dick, die Beine sind nicht schlank genug, das Gesicht ist nicht symmetrisch, sie hat eine Hakennase usw.
„Nur selten gelingt es Müttern oder anderen erwachsenen Frauen, heranwachsenden Mädchen das Gefühl zu vermitteln, daß ihr Körper, wie immer er von Natur aus beschaffen sein mag, schön ist und sie allen Grund haben, stolz auf ihn zu sein“ (Orbach, 1997, S.17).

b) Dämonisierung einer simplen Körpersubstanz

Diese Definition von Naomi Wolf ist ein Hinweis darauf, daß es in vielen Fällen nicht um Fett als physikalische Substanz geht, die abgewertet wird, sowohl von der Umgebung als auch von den Frauen selbst.
Vielmehr wird mit weiblichem Fett auch die Regulation und Steuerung der weiblichen Sexualität.

Spaß und Freude daran haben und dies auch zu zeigen mittels der eigenen Lebenseinstellung, ist für Frauen noch immer nicht uneingeschränkt erlaubt.

Sich zu nehmen was einem zusteht, sich selber gut zu ernähren, Freude am Dasein haben; dies gestehen sich Frauen selten zu.

c) Dicksein als Schutz

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Ansicht, daß sich Frauen in ihrer Dicke auch geschützt fühlen. Im Buch „Das Antidiätbuch. Über die Psychologie der Dickleibigkeit, die Ursachen von Eßsucht“ zeigt Susi Orbach (1997) auf, daß Frauen den größten Teil darin sahen, sich nicht mehr sexuell ausgeliefert zu sehen. Dicksein bewahrt sie dafür, sich vorwiegend sexuell definiert zu erleben. Zu einer Übung gehörte eine Art Phantasiereise, bei der die Frauen sich eine Situation auf einer Party vorstellen sollten. Die Aussagen reichten dabei, daß Dicksein sie vor anderen Frauen trennt, denen sie zwiespältige Gefühle gegenüber hegen, sie konnten sich somit aber auch ungezwungener verhalten. Dicksein erlaubte einigen, sich zu behaupten und aufdringliche Leute abzuwimmeln. Es werden also nicht nur negative, sondern auch positive Aspekte des Dickseins betrachtet und diese auch in die Arbeit miteinbezogen.
Eßsucht wird nicht als verrückte Verhaltensweise definiert, sondern als eine Form von Copingstrategie.

Vielen Frauen fühlen sich den mannigfaltigen Erwartungen, die an sie gestellt werden, nicht gewachsen, weil eben diese Erwartungen unrealistisch sind, lästig, unerreichbar. Fettschicht kann als Waffe dagegen benutzt werden.
Eßsucht kann als Schutz davor dienen, wenn frau sich bestimmte Gefühle wie Wut oder Zorn, also Emotionen, die für Frauen noch immer schwer zu akzeptieren sind, nicht zu zeigen getraut.

5. Willkommen auf dem Kurisoitätenmarkt

Das Geschäft mit Schlankheitsmitteln boomt. Sehr oft wird schlicht und einfach betrogen. Der Wundermittelmarkt treibt seltsame Blüten. Die Namen der Produkte klingen oft sehr phantasievoll. Die Inhaltsstoffe sind es zuweilen nicht minder. Dabei reicht die Palette von absolut unwirksam bis zu schwerer psychischer und körperlicher Abhängigkeit hervorrufend.

Ein kleinen Einblick in den die Produktvielfalt zeigt diese Liste:

  • Abnehm-Tees (MONDSCHEINTEE, GRÜNER TEE)
  • Kaudrops, Kapseln und Tabletten zur Gewichtsreduktion, Appetitzügler auf pflanzlicher Basis
  • Bio-Schlank-Chip
  • Fettblocker
  • Formuladiäten
  • Rezeptpflichtige Appetitzügler
  • Schlankmachende Badesalze
  • Öle ohne und mit Einwickelfolie
  • Massagecremes
  • Einlege-Schlanksohlen

Auffallend an beinahe allen Werbeanzeigen für Diätprodukte ist die Rollenverteilung der Geschlechter. Der Mann übernimmt zumeist die Rolle des Arztes, Mikrobiologen, Wissenschaftlers, mit einem Wort des Experten. Frauen sind die, die sich aufgrund ihres Gewichtes bzw. ihres Aussehens nicht mehr wohl fühlen, negative Kommentare bezüglich ihres Aussehens oft auch von ihrer Umwelt zu hören bekommen und somit dringend Hilfe benötigen.

Frauen sind noch immer die primäre Zielgruppe verschiedenster Diätprodukte. So sind beinahe auf allen Abbildungen Frauen zu sehen. Sowohl auf den Vorher-Nachher-Abbildungen, als auch auf den Fotos, die die erstrebenswerte Traumfigur zeigen. Sie kann sich somit ein genaues Bild davon machen, wie sie eigentlich auszusehen hätte. Hier wird schon deutlich ersichtlich, daß gerade jene Frauen, die aus Unwissenheit oder aus Verzweiflung diese Produkte verwenden, sicher nie diese Traumfigur erzielen werden.

Im Hintergrund taucht der erhobene Zeigefinger auf, der die Frau daran erinnert, daß sie es nur aufgrund ihrer Willensschwäche nicht geschafft hat.

Oft werden vor allem in Werbeanzeigen für Diätprodukte simple und nichtssagende Vergleiche zur Erklärung der Wirkungsmechanismen bestimmter Produkte herangezogen. Ein Beispiel ist ein sogenannter Bio-Schlank-Chip, dessen Wirkung mit der chinesischen Akupunktur verglichen wird.
Es werden dabei Zusammenhänge hergestellt, die in keinster Weise zu belegen sind. Trotzdem werden die Aussagen so überzeugend und plausibel formuliert, daß sie bei Unkenntis logisch klingen.

Die meisten dieser „Wundermittel“ haben unzählige Vorteile. Beinahe alle Werbebotschaften vermitteln das Gefühl, daß das Abnehmen vollkommen natürlich und gesund abläuft. Meistens wird den Konsumenten auch vorgegaukelt, daß es sich bei den Präparaten um Naturprodukte handelt die keine Nebenwirkungen aufweisen.
So verspricht eine Fettblocker-Mittel, daß man nicht nur seine überflüssigen Pfunde los wird, sondern zusätzlich auch noch Vitamine (immerhin 35) erhält.

Aber auch der Magnesium-Haushalt kommt nicht zu kurz.

Zwei Wirkungsansätze werden versprochen. Zum einen haben die jeweiligen Diätprodukte direkten Einfluß auf das Gewicht und zum anderen beseitigen sie dadurch alle Probleme, die aufgrund des Übergewichts entstanden sind, wie zum Beispiel das geringe Selbstwertgefühl, die depressiven Verstimmungen aufgrund des Aussehens sowie Beziehungsprobleme. Das Übergewicht wird als Grundübel aller Probleme angesehen.
In so mancher Werbeanzeige, stehen Partnerschaftsprobleme im Vordergrund. Dem Ehemann oder Partner, der unter dem Übergewicht der Frau scheinbar noch mehr zu leiden hat als sie selbst, kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Der Auszug eines Anzeigentextes für einen „Wundertee“ kommt dies folgendermaßen zum Ausdruck:

„Ich wurde dick und alle lästerten, sogar mein Mann.“
„Ich wagte nicht einmal mehr einen Badeanzug anzuziehen und von meinem Mann hatte ich den Eindruck, daß er nichts mehr von mir wissen wollte.
„Natürlich zweifelte ich am Erfolg, und mein Mann machte nur dumme Scherze, aber….“
„Und mein Mann ist wieder so zärtlich wie früher“
„Mein hat wieder die schlanke Frau, die er geheiratet hat.“

In einer anderen Werbeanzeige war der Satz zu lesen: „Mein Mann wollte sich schon scheiden lassen, weil er in leitender Position konnte sich nicht mehr mit so einer Frau sehen lassen“. Hier wird den Frauen auf sehr „eindrucksvolle“ und vor allem leider auch sehr effizienten Art und Weise, wie die Verkaufszahlen zeigen, vermittelt, daß sie nur mit einem schlanken Körper für andere wieder attraktiv werden. Nur dann bekommen sie ihr Leben wieder in den Griff: „Meine Freunde finden mich jetzt auch viel selbstbewußter und fröhlicher.“ „Man sagt mir, ich sehe um Jahre jünger aus.“ „Die Freundinnen glauben, daß ich Fett absaugen habe lassen, so positiv ist mein Äußeres.“ Bei Frauen mit höherer Schulbildung setzt man mehr auf den Gesundheitsaspekt. Die Schlankheitskur ist dabei gleichzeitig eine Wellnesskur.

Ein weiterer massiver „Vorteil“ all dieser Diäten besteht darin, daß man seine Ernährungsgewohnheiten nicht umstellen muß, und weiterhin soviel essen kann wie man will. Abnehmen wird ganz leicht es macht Spaß, denn es funktioniert quasi von selbst.
Man kann essen soviel man will (es war für uns erstaunlich wie viele fette Tortenstücke von den schlanken Frauen in den Anzeigen verzehrt wurden), Ernährungsumstellung ist sowieso völlig absurd und Bewegung braucht man auch keine zu machen.

Das vorherrschende Motto: „Stopfen Sie sich voll mit Sachertorten und Sie nehmen trotzdem ab!“ Es wird den Frauen das Gefühl vermittelt, daß es gar nichts Leichteres gibt, als mit der beworbenen Methode abzunehmen. Eine Gefahr im Beibehalten seiner Ernährungsgewohnheiten besteht darin, daß man bei Absetzen des Präparates automatisch wieder zunimmt, und man eigentlich gezwungen ist das Produkt weiterhin einzunehmen. Darauf wird bereits in den Anzeigen indirekt hingewiesen. „Jetzt habe ich 53 Kilo (bei 1,57m). Ich habe vier Wochen lang 3 mal täglich 3 Redu-Quick Extrahaltige Kapseln genommen und bin auch weiterhin entschlossen am Ball zu bleiben.“ „..was für ein Wunder: Ich hatte vier Kilo abgenommen, ohne daß ich überhaupt meine Eßgewohnheiten verändert hatte. Daraufhin konnte ich nicht mehr aufhören und wollte es allen zeigen.“ Die Nachrichten dieser Texte sind eindeutig: Wenn die Frauen es nicht schaffen können abzunehmen, dann sind sie eben die totale Versagerinnen.

Naomi Wolf (1986) zeigt in ihrem Buch „Der Mythos Schönheit“ im Kapitel „Religion“ sehr eindrucksvoll, welcher Sprache und Metaphern sich die Werbebotschaften bedienen. Die Diät- und Schönheitsindustrie als die neue Religion, die aber ganz und gar nicht daran interessiert ist, die Frauen aus ihren Sünden zu erretten.
„Die neue Religion hat den anderen Religionen eines voraus: Die Errettung aus der Sünde ist nicht von Dauer. Die „Helfer“-Rhetorik der Diätindustrie maskiert das Offensichtliche: Das letzte, was sie will, ist, daß die Frauen ein für allemal schlank werden“ (S.139).

6. Literaturverzeichnis

Paul, J., Jacobi, C. (1989). Verhaltenstherapeutische Maßnahmen bei Eßstörungen. In I.Hand, &H.-U. Wittchen, H.-U. (Hrsg.), Verhaltenstherapie in der Medizin (S. 327-344). Berlin: Springer-Verlag.

Miltner, W., Birbaumer, N., Gerber, W.-D. (Hrsg). (1986). Verhaltensmedizin. Berlin: Springer-Verlag.

Orbach, S. (1997). Das Antidiätbuch. Über die Psychologie der Dickleibigkeit , die Ursachen von Eßsucht (17. Auflage). München: Verlag Frauenoffensive.

Orbach, S. (1997). Antidiätbuch II. Eine praktische Anleitung zur Überwindung von Eßsucht (9. Auflage). München: Verlag Frauenoffensive.

Wolf, N. (1996). Der Mythos Schönheit. Hamburg: Rowohlt Verlag.