© Petra Öllinger
Erschienen in „anschläge – das feministische Magazin“, Februar 2006.
Hochglanz-Kochen im Fernsehen – nett anzusehen, manches brauchbar. Und wo sind die Frauen ?
Es war einmal ein junger Mann im Fernsehen, der „revolutionierte“ das Werken in der Küche dermaßen, dass ihm die tumben Brutzel-Laiinnen zu Füßen lagen. Konservendosen und Reste-Essen waren plötzlich en vogue. Frauen, die herrlichste Gerichte zaubern konnten, verblassten ob dieses Kochgenies, huldigten ihm, machten sich klein, „Aber meine Rindsroulade ist ja gar nichts im Gegensatz zu jener von Jamie. Habt ihr gesehen, wie der gestern wieder locker, flockig jonglierte?“. Sie kauften seine Bücher und beschenkten vor allem ihre Töchter damit. Ja, er war einfach cool, vorbei die Schnarch-Ära von „Thea Fernsehküche“ oder „Bitte zu Tisch“.
Uncool. So cool kann keine Frau sein, zu deren Alltag es unter anderem gehört, mit dem Einkaufswagen durch den Supermarkt zu hetzen. Oder die sich gegen Meckereien von Angehörigen à la „Was ist denn das?“, Das esse ich sicher nicht!“ wehren. Oder die mit einem Becherchen Joghurt und sonst nix, das ihr vorgegaukelte Idealgewicht von dreißig Kilo oder darunter erreichen will. Oder die sich „hemmungslos“ Fressereien hineinstopft und dann alles „hemmungslos“ rauskotzt. Oder die sich mit Packerlsuppen über Wasser hält, weil das Geld für das Allernotwendigste nicht mehr reicht. Der Kochmann hat viele Nachahmer – Tim, Rolf. Irgendwann gab’s auch eine Cathérine, die jedoch recht bald Herd und Pfannen den Rücken kehrte. Apropos Herd und Pfannen: nicht nur sendereigenes Gerät wird verbraten, zwischenzeitlich halten die Mannen auch Einzug in die Küchen des schnöden Volkes, um gleich an Ort und Stelle Dampf zu machen und gebräuchliche Rezepturen zu schmoren – beispielsweise gefüllte Wachteln. Quasi aus dem vollen Leben. Schwere Säcke schleppen oder den Einkaufstrolley über Gehsteigkanten ziehen kommen nicht vor. Irgendwie gehört auch das Geschirrwaschen nicht zum Koch-Alltag.
Bratexperten. Es war einmal eine junge Frau, die in jeder Suppe ein Haar fand. Also wurde sie aufgefordert, vor dem Fernseher Platz zu nehmen und sich auf die Suche nach dem berühmten Haar zu machen – und zwar in den gestylten Kochsendungen. Die flimmern beinahe pausenlos über den Bildschirm. Flucht durch Zappen bringt keine Rettung, fast jeder Sender verfügt über einen Kochexperten und/oder Küchenpapst und/oder Ernährungsexperten und/oder Foodhunter (das sind jene coolen, freiheitsliebenden und scheinbar sehr vermögenden Typen, die in exotischen Ländern nach exotischen Zutaten suchen, um damit Exotisches zu kreieren). Zugegeben, die Schnipsel-, Brat-, und Köcheltipps sind so unbrauchbar nicht. Zum Beispiel: Soßenbinder nie ins heiße Wasser kippen. Warum? Schon mal probiert? Na, also. Und auch der Drucktest fürs Fleisch, um herauszufinden, ob es halb oder ganz durch ist – ohne das gute Stück anzusäbeln! – hatte schon was. Dass viele „Meister“ mit relativ unprätentiösen Zutaten hantieren (von Ausnahmen wie die oben genannten Vögel abgesehen), ist in Ordnung. Jedoch! Die junge Frau lässt sich von diesen Pluspunkten nicht einlullen. Unermüdlich switcht sie sich von Schneidbrettern, über Cerankochfelder hin zu Schneebesen auf der Suche nach dem Haar. Da ist es! Eigentlich ist es ein ganzes Haarbüschel, dass da in der Suppe schwimmt. Warum sollte es auch in den aufgebretzelten Studio-Koch-Stuben anders sein als im wirklichen Leben: Da, wo die meisten Küchen-Häuptlinge Männer sind und die berühmten drei-vier-fünf Hauben größtenteils männliche Köpfe zieren. Hilfsarbeiten wie Gemüse schlachten oder Nudeln abschrecken – damit will der Maître nix an der Haube haben. Soll doch das rangniedrigere Personal ran, zum Beispiel gelernte Köchinnen.
Geschmacksverwirrung? „Wo bleibt das Rezept, damit sich dieser Zustand ändert?“, fragt die junge Frau. „Müssen die Frauen halt lernen, einen 16-Stunden-Arbeitstag zu überstehen und körperlich fester anzupacken!“, antwortet eine tiefe Stimme höhnisch lachend aus einem der Küchenkästen. „Von feinem Geschmack dürften sie übrigens auch keine Ahnung haben. Nenne mir doch eine einzige Gastrokritikerin in Österreich“, ätzt die Koch-Matcho-Stimme weiter und stellt als Preis für die richtige Antwort ein Glas Essiggurken in Aussicht …