© Petra Öllinger
erschienen in evolver, Juli 2003
VOEST – da denken viele an Frank Stronach und KHG. Oder Hannes Androsch. Oder Alfred Heinzel. Ich auch. In zweiter Linie. In erster Linie fallen mir meine Schulkollegen ein, die in den Ferien am Hochofen in der VOEST arbeiteten und ziemlich viel Kohle damit verdienten. Ich werkte in den Ferien als Reinigungskraft und bin sicher, dass ich nie soviel verdient habe… Aber eines hatte ich meinen Kollegen voraus: aus Gründen des väterlichen Tätigkeit konnte ich im Stahlkonzern die streng kontrollierenden Werksposten passieren und herumstromern im Warmwalzwerk oder in der Kokerei. Ein Streifzug ist jetzt auch weniger Privilegierten möglich mit dem Bildband Schicht um Schicht. Joerg Burger und Johannes Holzhausen dokumentieren die Menschen und deren schweißtreibende und gefährliche Arbeit. Das Resümee: eine gelungene Mischung aus Porträt- und Industriefotografie. Das Berührende liegt in festgehaltenen Kleinigkeiten wie etwa dem Umkleideraum, an dessen Decke eine Unzahl von Drahtkörben mit Wäsche hängt. Oder den Pin-ups, die zwischen Blechresten in die Reststoffverwertung geraten sind. Die Stellungnahmen vom Hochofenmann, Schrottkontolleur, Werkspfarrer etc. beschönigen nichts, weisen jedoch oft eine persönliche Verbundenheit mit ihrer VOEST auf, nicht selten wird eine Familientradition aufrechterhalten – (Groß)Vater und Brüder arbeiteten schon hier. Und sie verdeutlichen, was es mit dem in Pensions-Reform-Diskursen
geschöntem Wort hackeln wirklich auf sich hat.
Joerg Burger, Johannes Holzhausen – Schicht um Schicht. Gesichter der VOEST. Triton Verlag, 2003