© Petra Öllinger
erschienen in an.schläge – das feministische Magazin, September 2002
Die Sammlung aktueller politischer Essays der indischen Schriftstellerin Arundhati Roy beinhaltet Themen, die von den Medien gerne ausgespart werden. Ausgenommen davon sind eventuell die Ereignisse vom 11. September 2001. Als eine von wenigen kritisierte Roy die amerikanische Vorgehensweise, und sie nahm bereits damals politische Folgeentwicklungen vorweg. Ein großer Teil ihrer engagierten Stellungnahmen, die ihr zahlreiche Klagen und sogar einen Gefängnisaufenthalt einbrachten, ist dem Staudamm-Projekt im Narmada Tal gewidmet. Ein Plan der,finanziell tatkräftig unterstützt von der Weltbank und anderen wirtschaftlichen Machthabern, weitreichende katastrophale Folgen für die Menschen und die Umwelt hat. In diesem Zusammenhang erhalten nettgemeinte Wiedergutmachungsbegriffe wie Umsiedlung oder finanzielle Entschädigung eine völlig andere Bedeutung. Ein Kennzeichen ihrer Essays ist u.a., dass Roy sich nicht mit Lamentieren über die Opferrolle der indischen Bevölkerung zufrieden gibt. Sie sieht durchaus deren Mitverantwortung für die politische Situation. Roys leidenschaftliches Einmischen kippt an wenigen Stellen ins Polemische bzw. wird begrifflich unscharf, wenn sie z.B. die Judenfrage und die Situation in den KZs während der NS Zeit mit der heutigen indischen Lage vergleicht und bewertet. Motto: Wer mehr Opfer aufweist, ist schlimmer dran. Als ob sich menschliches Elend beziffern ließe. Trotz dieser Aufrechnungen zeigt sich in den Essays ein fundiertes Wissen. Das belegen zahlreiche interessante Querverweise und Anmerkungen.
Arundhati Roy: Die Politik der Macht. btb Verlag, 2002